Frankreich, Krimi

Lenoir / Cabesos. Der Fluch des Mont-Saint-Michel (2007)

Archäologin Jeanne leitet eine Ausgrabung auf dem Mont-Saint-Michel, mit dem sie seit ihrer Kindheit ein seltsamer Traum verbindet. Der Mönch aus dem Traum scheint ihr einen Auftrag zu geben, dem sie neben der Arbeit auf eigene Faust nachgeht. So findet sie heraus, dass es diesen Mönch wirklich gegeben hat – was der Leser dank eines zweiten Erzählstranges bereits weiß. Als Jeanne beschließt, an anderer Stelle zu graben, gibt es Tote auf dem Mont.

Die junge Archäologin Jeanne wird von ihrem Freund, dem verheirateten Francois, zu einem Überraschungswochenende eingeladen und findet sich so unvorbereitet auf dem Mont-Saint-Michel wieder. Mit ihm verbindet sie ein Kindheitstrauma: Bei einem Besuch im Alter von sieben Jahren träumte sie von einem kopflosen Mönch, der ihr einen Auftrag zu geben schien. Das beeindruckte sie so sehr, dass sie Archäologin wurde, flößte ihr aber auch so viel Angst ein, dass sie den Mont-Saint-Michel nie wieder betreten wollte.

Verstörte Flucht

Während ihres kurzen Aufenthaltes träumt Jeanne einen ähnlichen Traum. Sie sieht einen Mönch ertrinken und der kopflose Mönch wiederholte seinen kryptischen Satz. In Panik flüchtet Jeanne, sie ist verstört, kann nicht mehr schlafen, sucht eine Psychologin auf.

Ihre beste Freundin Isabell nimmt Jeanne zur Ablenkung mit nach Süd-Italien, doch Jeanne kann nicht abschalten. Als sie hier durch Zufall auf Spuren des Mont-Saint-Michel stößt, entschließt sie sich, der Sache auf den Grund zu gehen. Da trifft es sich gut, dass für Ausgrabungen auf dem Mont ein neuer Leiter gesucht wird und Jeanne Freund Francois dies zu entscheiden hat.

Jeannes Forschungen

Also tritt Jeanne ihre neue Stelle auf dem Mont-Saint-Michel an, wo sie mit einem kleinen Team Ausgrabungen durchführt, die allerdings mit der Geschichte, die hinter dem kopflosen Mönch aus ihren Träumen zu stecken scheint, gar nichts zu tun haben. Denn parallel forscht Jeanne natürlich nach, wer dieser Mönch war, ist sie doch plötzlich davon überzeugt, dass es ihn wirklich gegeben hat, dass sein Geist ihr eine Botschaft übermitteln will.

Mittelalterliches Klosterleben auf dem Mont

Parallel zu Jeannes Handlungsstrang wird am Anfang des Buches die Geschichte des später kopflosen Mönches erzählt. Bruder Roman sollte im 11. Jahrhundert den Bau der neuen Klosteranlage betreuen. Als er allerdings die Keltin Moira kennenlernt, wird er ein wenig abgelenkt… er versucht die Heidin zu bekehren, heimlich, was natürlich nicht gut gehen kann. So erfährt der Leser lange vor Jeanne, von wem sie träumt und welche realen Begebenheiten dahinter stecken.

Historischer Thriller mit Geist

Der Roman ist trotz des im Deutschen reißerischen Titels größtenteils sehr gut zu lesen. Er vereint allerdings viele Elemente, auf die man sich als Leser einlassen muss: der historische Erzählstrang, der bisweilen etwas langatmig anmutet, aber in einem Tempo erzählt ist, das sehr gut zum Mittelalter passt; Klosterleben und Hexenverfolgung fast wie ein Klischee, aber sehr gut erzählt; Jeannes wissenschaftlicher Ehrgeiz, der mehr und mehr in Besessenheit umschlägt; Morde und Tote in beiden Zeitebenen, Intriganten und Verbrecher, Heiligtümer und nicht zuletzt ein veritabler Geist.

Brillianter Protagonist: der Mont-Saint-Michel

In die Handlung wurde also sehr viel hineingequetscht, kein Wunder, dass das Taschenbuch 586 Seiten hat. Die Charakterisierungen wurden eher vernachlässigt, in der Beziehung scheinen die mittelalterlichen Figuren viel menschlicher. Den größten Teil des Romans findet der Leser also eine sehr spannende und vielfältige Lektüre, das Ende allerdings ist … – Geschmacksache.

Lesenswert ist der Roman schon alleine deshalb, weil man hier enorm viel über den Mont-Saint-Michel lernen kann. Und das ohne Dozieren und erhobenen Zeigefinger, sondern sehr unterhaltsam.

Frédéric Lenoir, Violette Cabesos. Der Fluch des Mont-Saint-Michel. Piper, München, 2007. | La promesse de l’ange. 2004. Übersetzung Elsbeth Ranke.

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