Unterhaltung, USA

Su / Rorick. Das geheime Tagebuch der Lizzie Bennet (2014)

Eine wundervolle, witzige Adaption des Klassikers Pride and Prejudice von Jane Austen, basierend auf der Webserie The Lizzie Bennet Diaries – aber auch ohne alle Vorkenntnisse noch beste Unterhaltung. Elizabeth Bennet als internetaffine Studentin im Kalifornien des 21. Jahrhunderts.

In ihrem Tagebuch beschreibt Lizzie Bennet das Leben mit ihrer Familie – das tut sie zwar auch in ihrem Vlog, den sie als Studienprojekt beginnt und der unerwartet erfolgreich wird – doch in ihrem geheimen Tagebuch kann der Leser Lizzies Gedanken noch besser kennenlernen. Und sie hat so einiges, über das sie nachdenken muss in ihrem recht turbulenten Leben.

Die Frauen der Familie Bennet

Für die Turbulenzen sorgen ihre Mutter, die ganz altmodisch ihre Töchter immer noch am liebsten gut verheiratet sehen möchte, und ihre beiden Schwestern Jane und Lydia. Die älteste der Schwestern, Jane, ist der Sonnenschein der Familie, hübsch und immer nett zu jedermann. Lizzie, die mittlere, arbeitet hart für einen guten Studienabschluss, während die jüngste, Lydia, gerne Party macht und häufig ordentlich über die Stränge schlägt. Der Vater bleibt eher ruhig im Hintergrund. Auch Lizzies beste Freundin Charlotte verstärkt das weibliche Element im Roman.

Mr. Bing Lee

Während also Lizzie mit ihren ersten Vlogs und dem nahenden Studienabschluss beschäftigt ist, erfährt die Mutter von einem neu Zugezogenen im Ort. Bing Lee scheint sehr reich zu sein, hat er doch eine der schönsten Villen im Ort gekauft, und als Medizinstudent eine erfolgreiche Zukunft vor sich. Lizzies Mutter ist entschlossen, eine ihrer Töchter mit dem reichen Mr. Lee zu verkuppeln. Welche der drei, ist ihr gar nicht so wichtig. Tatsächlich verlieben sich Jane und Bing langsam ineinander, was herrliche Reaktionen der Mutter nach sich zieht.

Mr. William Darcy

Bing wird begleitet von seiner Schwester Caroline und seinem Freund William Darcy, ein schrecklich arroganter Hipster-Typ. Lizzie gerät dauernd mit ihm aneinander, doch irgendwie geht er ihr auch nicht aus dem Kopf – und kreuzt immer wieder ihren Weg, auch wenn Lizzie sich erst einmal von Schwimmtrainer George Wickham umgarnen lässt, der noch eine alte Rechnung mit Darcy offen hat. Darcy macht sich unbeliebt, als er sich in die Beziehung zwischen Bing und Jane einmischt und Lizzie landet für ein Praktikum ausgerechnet in seiner Internet-Firma. Dort erhält sie allerdings auch die Gelegenheit, ihr Bild von ihm ein wenig gerader zu rücken. Und als dann auch noch William Darcy ihre Schwester Lydia aus den Fängen von George Wickham rettet, da ist es um Lizzie endgültig geschehen.

Das Vorbild

Pride and Prejudice von Jane Austen ist bereits 1813 erschienen und es spricht für die herausragende Qualität dieses Klassikers der Weltliteratur, dass das Thema immer noch aktuell ist. Es gab schon viele Adaptionen und Verfilmungen. Mit der Webserie, die im April 2012 auf einem eigenen Youtube-Kanal startete, schafften es die Macher, die Geschichte ins Internet zu bringen – und eben auch ins Internet-Zeitalter. Lizzie studiert Kommunikation, Darcy ist ein Internetmillionär (natürlich einer von den guten) und Lydias Bedrängnis ist ein Sexfilm, den der Schurke George Wickham an ein Internetportal verkauft hat. In der Serie wurden bis März 2013 genau 100 Folgen ausgestrahlt, sie war ein großer Erfolg und wurde mit dem „Primetime Emmy Award for Outstanding Interactive Program“ ausgezeichnet. Der vorliegende Roman basiert auf dieser Webserie.

Humorvoll und menschlich

Wer Pride and Prejudice gelesen hat oder wenigstens ein bisschen kennt, der wird an diesem Roman in Tagebuchform seine Freude haben. Die Figuren Jane Austens sind hier übernommen, als würden die Charaktere jetzt eben einfach im 21. Jahrhundert (und in Kalifornien) leben. Ein wenig wurde deshalb natürlich angepasst, so sind es im Roman nur drei Schwestern statt fünf – doch auch Kitty und Mary kommen noch vor: Kitty als Lydias Katze, Mary als Cousine. Lizzie erzählt sehr witzig, häufig ironisch, aber immer sehr mitfühlend und sympathisch von den Begebenheiten in ihrem Alltag – auch wer die Vorlagen nicht kennt, findet hier immer noch beste Unterhaltung.

Bernie Su; Kate Rorick. Das geheime Tagebuch der Lizzie Bennet. Reinbek: Rowohlt, 2015. | Original: The Secret Diary of Lizzie Bennet. New York: Touchstone, 2014. Übersetzung Katharina Naumann.

Und was meinst du dazu?