Unterhaltung, USA

Melissa Bank. The Wonder Spot (2005)

Sophie Applebaum sucht ihren Platz im Leben – und Melissa Bank beschreibt das auf fantastische Weise in ihrem Roman/Geschichten-Zyklus The Wonder Spot.

Die acht, teilweise sehr umfangreichen Geschichten werfen Schlaglichter auf einzelne Stationen in Sophies Leben. Mit 12, der Beginn auf dem College, als 22-Jährige auf der Suche nach dem ersten Job in New York …

Die Phasen dazwischen bleiben im Dunkeln, rückblickende Erklärungen gibt es nicht. Und auch sonst keine Erklärungen: Sophie beschreibt als Ich-Erzählerin ihr Leben in diesen kurzen Abschnitten sehr detailliert und realitätsnah, Einsichten gibt es höchstens mal im Rückblick – ganz wie im richtigen Leben. Doch Sophie hält sich nicht lange mit Überlegungen, Gefühlen oder Bedauern auf.

Das Tiefsinnige im Alltäglichen

Auf diese Weise deckt der Zyklus über 20 Jahre in Sophies Leben ab, in den letzten Episoden ist ihr Alter nicht mehr genannt.

Dabei verläuft Sophies Leben völlig unspektakulär: Sie hat keine besonderen Begabungen, keine Ziele oder Träume, sie ist nicht einsam, keine echte Außenseiterin, aber “die große Liebe” findet sie auch nicht. Herausragende Ereignisse werden dagegen ausgespart, der Tod des Vaters, der für Sophie sehr wichtig war, wird nur in einem Nebensatz erwähnt. Die Trauer der Mutter steht im Zentrum Sophies Aufmerksamkeit. Ein Freund, den Sophie beinahe geheiratet hätte, ist kurz darauf ums Leben gekommen – eine Geschichte ist er nicht wert, sondern nur eine kurze Erinnerungs-Sequenz.

Die Entwicklung zwischen den Geschichten

Durch die Momentaufnahmen bleiben viele Ereignisse im Dunkeln. Wie die jeweiligen Beziehungen endeten, wie die Jobwechsel vonstatten gingen, wie Sophie Freundschaften schloss oder verlor… die übliche Erzählweise gibt es hier nicht. Und trotzdem sind die Ausschnitte aus Sophies Leben, aus ihrer Suche nach ihrem Platz, der Suche nach Glück hervorragend und vielsagend, ohne doch mehr als das Offensichtliche auszusprechen. Doch dieses scheinbar Oberflächliche – wer sagt was zu wem und geht wann wohin – sagt immer auch etwas über Ich-Erzählerin Sophie aus. Die Art, wie sie aus ihrem Alltag erzählt und was sie auswählt, verdeutlicht ihre Entwicklung.

Auf den ersten Blick scheint die Protagonistin Klischee: eine junge Frau in New York. Aber in The Wonder Spot ist alles anders, viel normaler, aber das viel besser und viel subtiler erzählt. Ein Happy End gibt es auch – aber auch das ist ganz anders als man es erwarten würde. Schade, dass der Roman in Deutschland mit Titel und Cover so sehr in die Ecke Chick lit gerückt wurde. Das wird ihm zum einen nicht gerecht und enttäuscht zum anderen die Erwartungen der Leserinnen.

Melissa Bank. The Wonder Spot. New York: Viking, 2005. | Dinge, die Frauen aus Liebe tun. München: Diana, 2005. Übersetzung Silvia Morawetz.

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