Italien, Krimi

Fabio Paretta. Trügerisches Neapel – Commissario De Santis 2 (2018)

Commissario Franco De Santis versucht gerade bei einem romantischen Abend im Amphitheater der Staatsanwältin Elvira Barbarossa näherzukommen, als der Dienst ruft: bei einem Raubüberfall in einer Boutique wurde ein junger Mann erschossen. De Santis macht sich auf den Weg und kann schon unterwegs die ersten Tatverdächtigen verhaften – allerdings haben diese mit dem Mord nichts zu tun, und bringen dem Commissario damit gehörig Ärger ein.

Zeugen können zwei Täter beschreiben, die mit einem Scooter geflüchtet sind, sogar einige Stellen des Kennzeichens sind bekannt. Als De Santis auf dem Weg zum Tatort einen Scooter mit ähnlichem Kennzeichen und zwei Personen sieht, kommt ihm dies verdächtig vor. Zudem flüchten die Fahrer, bzw. Fahrerinnen, wie sich nach einer Verfolgung herausstellt. Die beiden Mädchen waren ganz offensichtlich auf einer Diebestour unterwegs, aber mit dem Überfall mit Todesfall haben sie nichts zu tun. Die reichen und einflussreichen Familien der Mädchen machen daraufhin gehörig Ärger, das Verbrechen der Mädchen kann nicht verfolgt werden.

Gesetz des Geldes regiert

Dieser frühe Zwischenfall gibt die Richtung vor, in der Polizeiarbeit in Neapel verläuft: Die Reichen regeln alles mit ihren Anwälten und ihrem Geld, die Armen haben diese Möglichkeit nicht. Sie kommen eigentlich nur auf krummen Touren durchs Leben und sind in ihren eigenen Vierteln organisiert oder ordnen sich in Angst den dortigen Gesetzen unter. In ein solches Viertel, nach Ponticelli, führen die Ermittlungen zum aktuellen Todesfall: Der tote Junge, Salvatore Ronga, lebte dort und ging dort zur Schule, der Scooter scheint aus diesem Viertel zu kommen …

Ermitteln gegen Wände

De Santis sieht sich im Umfeld des toten Jungen um, in seiner Klasse, seiner Familie, doch niemand will der Polizei gegenüber etwas sagen. Den Besitzer des Scooters kann De Santis auch nicht befragen, weil die Abteilung für Organisierte Kriminalität ihn bereits unter Beobachtung hat. Eine Zusammenarbeit ist angeblich nicht möglich, De Santis rennt gegen Wände. Doch davon lässt sich der Commissario der Mordkommission nicht aufhalten, er ignoriert Verbote und Anweisungen von oben, um den Mörder des Jungen zu finden. De Santis vermutet einen Zusammenhang mit dem Selbstmord einer Mitschülerin Salvatores vor einigen Monaten.

Problemfälle

Polizeiarbeit und Mordermittlungen scheinen in Neapel anderen Gesetzen unterworfen als anderswo. Das macht auch den Krimi anders als gewohnt, De Santis scheint einen Großteil seiner Arbeitszeit damit verbringen zu müssen, überhaupt Wege zu finden, sodass er ermitteln darf. Auch privat klappt es nicht so, wie er gerne möchte: Seine 15-jährige Tochter Ludovica probt das Erwachsenwerden, seine Ex-Frau mit ihrem neuen Freund, einem „reichen Schnösel“, zu sehen, tut jedes Mal weh, und Staatsanwältin Elvira will keinesfalls eine Beziehung.

Recht düster, aber unterhaltsam

Der Krimi vermittelt ein eindringliches Bild von Neapel und den dortigen Zuständen, der Autor liefert viele Details, mitsamt Straßennamen, Charakterisierungen der Stadtviertel usw. All das unterscheidet sich doch sehr von den Krimis aus Norditalien, aber sind es die Unterschiede in den Verhältnissen oder ist der Stil des Autors ein anderer? Auf mich wirkte alles ein wenig verworren, düster, vom Stil her nicht immer professionell. Insgesamt ist es aber doch ein ganz unterhaltsamer Krimi, der einen Blick in ein anderes Italien gewährt.

Fabio Paretta. Trügerisches Neapel. Ein Fall für Commissario De Santis. München: Penguin, 2018. (Commissario De Santis 2)

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