Frankreich, KrimiLiebe

Remy Eyssen. Tödlicher Lavendel – Leon Ritter 1 (2015)

Dr. Leon Ritter, Pathologe aus Frankfurt, tritt seine neue Stelle als Gerichtsmediziner in Hyère in der Provence an. Hier erhofft er sich einen Neuanfang, weg von Erinnerungen und alten Mustern. Zum Eingewöhnen bleibt ihm keine Zeit: Ein Serienmörder hat es auf kleine Mädchen abgesehen …

Der Anfang in der Provence gestaltet sich schon schwierig für Leon Ritter: Sein neuer Arbeitgeber hat ihn erst eine Woche später erwartet und so stehen weder Mietwagen noch Hotelzimmer bereit – und das in der Hochsaison. Einen kleinen, verdreckten Wagen ergattert Ritter noch, ein Zimmer vermietet ihm „die Schwester vom Schwager“ … Capitaine Isabelle Morell, stellvertretende Polizeichefin von Le Lavandou. So wohnt Ritter gleich im Haus einer Frau, mit der er auch beruflich viel zu tun haben wird.

Kindermorde

Ritters erster Fall lässt auch nicht auf sich warten: Von einem Campingplatz ist die kleine Carla verschwunden, acht Jahre alt. Sie wird tot an einer alten Kultstätte gefunden. Die Obduktion ist für Ritter keine Routine, er behandelt auch die Leichen mit Respekt und erforscht aufmerksam, was sie ihm „erzählen“. Bei der Polizei von Le Lavandou liefert er nicht einfach seine Untersuchungsergebnisse ab, sondern er kann es nicht lassen, weiter zu denken, für ihn drängen sich Schlüsse auf, die dem Chef de Police Thierry Zerna so gar nicht einleuchten.

Politische und wirtschaftliche Interessen im Fokus

Vor allem Bürgermeister Daniel Nortier will den Fall schnell geklärt haben – es ist Hochsaison und die Hundert-Jahr-Feier steht an! – und mit dem Süßigkeiten-Verkäufer René Fabius, der schon einmal wegen Vergewaltigung angeklagt war, ist ein bequemer Sündenbock gefunden. Dass er freigesprochen wurde, scheint ein unwichtiges Detail. Für Leon Ritter liegt der Fall nicht ganz so einfach. Ihm scheint auch Jean-Baptiste Duchamp, der die Leiche der kleinen Carla gefunden hat, verdächtig. Doch davon will Zerna erst recht nichts wissen, schließlich ist Duchamp Multimillionär und genießt deshalb besonderen Schutz – also geht Leon Ritter selber auf die Suche nach Beweisen.

Privatleben: neue Freunde – neue Liebe?

Mit seiner Vermieterin Isabelle freundet sich Leon Ritter schnell an, noch schneller mit ihrer aufgeweckten, 15-jährigen Tochter Lilou. Und dann gibt es da noch die Künstlerin Sylvie Roman, die Ritter an seine verstorbene Frau erinnert und ihn deshalb sehr anzieht, und die neuen Mitbewohner in Le Lavandou, die Ritter freundlich aufnehmen, nachdem er seine Pétanque-Künste unter Beweis gestellt hat. Das neue Leben mit provenzalischem Savoir-vivre genießt Ritter bei jeder Gelegenheit, trotz hochsommerlicher Hitze.

Dramatisches Finale mit Held

Allerdings wird kurz nach Carla ein zweites Mädchen vermisst und schließlich tot aufgefunden – und dann ist auf einmal Lilou verschwunden, während heftige Brände um Le Lavandou toben. Da ist es gut, dass Ritter der Polizei ein kleines Stück voraus ist …

Spannendes Lesevergnügen

Der Fall ist außerordentlich packend, der Verlauf spannend, die Personen sympathisch bzw. auf andere Art gut gezeichnet. Und Dr. Leon Ritter ist ein ganz besonderer Mensch, der sich nicht beeindrucken lässt von Vorschriften, politischem Kalkül oder Brutalität; der seinem Kopf, seinen Ideen, seinem Wertesystem folgt, und ruhig in Kauf nimmt, damit anzuecken oder in Gefahr zu geraten. Ein Held, gerade weil er keiner sein will, sondern nur tut, was ihm gerade unvermeidlich erscheint.

Erzählt ist das Ganze dann noch in einem Stil, der jedenfalls mir absolut zusagt, sodass ich vom ersten Satz an ganz in der Geschichte, ganz in der glühend heißen Provence sein konnte. Mit wenigen Sätzen sorgt Autor Eyssen stets routiniert für die passende Atmosphäre, bis hin zum Song, den Ritter im Auto auf „Radio Nostalgie“ hört. Bedauerlich sind nur die zahlreichen Tippfehler.

Remy Eyssen. Tödlicher Lavendel. Berlin: Ullstein, 2015. (Dr. Leon Ritter 1)

Mehr zum Autor und zur Serie auf der Autorenseite Remy Eyssen.

Ein Gedanke zu „Remy Eyssen. Tödlicher Lavendel – Leon Ritter 1 (2015)“

Und was meinst du dazu?