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Siri Hustvedt. Der Sommer ohne Männer (2011)

Heute, am 19. Februar, hat Siri Hustvedt Geburtstag. Anlass für mich, eines ihrer Bücher noch einmal aus dem Regal zu holen: Der Sommer ohne Männer (The Summer Without Men ) von 2011. Der Roman erzählt auf besondere Weise die Geschichte eines Sommers, einer Flucht und einer Pause.

Mia Fredricksen, Dichterin und Uni-Dozentin, flüchtet nach einem Zusammenbruch aus New York für den Sommer in ihre Heimatstadt Bonden in Minnesota. Sie mietet sich dort ein Häuschen, gibt einen Lyrik-Kurs für ein paar Teenies, freundet sich mit ihrer Nachbarin Lola an und besucht häufig ihre Mutter und deren Freundinnen in der Seniorenresidenz. Während Mia sich in einem Vakuum befindet, in der Pause gefangen, die ihr Mann Boris von ihrer Ehe haben wollte (natürlich für eine jüngere Frau), geht das Leben um Mia herum weiter. Und sehr viel dreht sich in diesem Leben um Männer – allerdings abwesende.

Mia hilft

Die Teenies der Lyrikgruppe, 13-jährige Mädchen, schmieden Ränke und schmachten Jungs hinterher. Für Mia eine Erinnerung an ihre eigenen Erfahrungen in dem Alter. Doch jetzt kann Mia eingreifen.
Das macht sie auch bei ihrer Nachbarin Lola, einer jungen Mutter, deren Ehemann nicht nur oft laut wird, sondern auch durch häufige Abwesenheit auffällt. (Baby Simon ist das einzige männliche Wesen, das im Roman tatsächlich agieren darf.)

Mia lernt

Bei regelmäßigen Besuchen bei ihrer Mutter lernt Mia deren Freundinnen besser kennen, sie nennt sie „die Schwäne“. Fantastisch gelingt Hustvedt hier der Blick an körperlichen Gebrechen vorbei auf die Frauen, für die ihre längst durch Tod abwesenden Männer auch immer wieder Thema sind.

Mias Männer

Dann gibt es noch einen Mr. Niemand, mit dem Mia per Mail philosophische Betrachtungen anstellt ohne zu wissen, wer es ist – eine ihrer eigenen Stimmen, beschließt sie irgendwann.
Und natürlich taucht der pausierende Ehemann immer wieder auf. Erst nur in Mias Gedanken und Erinnerungen, dann in Mails. Seine „Pause“ verläuft nicht so erfolgreich wie erhofft.

Mias Intelligenz

Mia berichtet von diesem Sommer in einer kühlen, distanzierten Sprache, die kein Mitleid erlaubt. Sie erzählt von Tränen und Trauer, Verzweiflung und Tod, doch sie bleibt sachlich, analysiert philosophisch. Was ist verrückt? Was unterscheidet Männer und Frauen? Warum wird jemand zum Außenseiter (gemacht)? Bei Siri Hustvedt hören sich diese Fragen weniger prosaisch an. Antworten präsentiert sie nicht, aber Meinungen und Standpunkte auch mal der ganz Großen der Philosophie.

Siri Hustvedts Sprache

Der Sommer ohne Männer ist sicher für den Durchschnittsleser kein einfaches Buch. Doch wer sich auf den Blick über den Tellerrand, auf das große Ganze des Lebens, einlassen kann, wird in diesem Roman mit der außergewöhnlichen Erzählung eines wunderbaren Sommers belohnt. Und mit einer außergewöhnlichen Sprache frei von allen abgenutzten Klischees, die die Übersetzerin Uli Aumüller fantastisch ins Deutsche übertragen hat.

Siri Hustvedt. Der Sommer ohne Männer. Hamburg: Rowohlt, 2011. | The Summer Without Men. New York: Picador, 2011.

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