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Susanne Goga. Mord in Babelsberg – Leo Wechsler 4 (2014)

Berlin 1926: In einem Hinterhof wird die Leiche einer elegant gekleideten Frau gefunden. Sie wurde mit einer roten Glasscherbe erstochen. Als Kommissar Leo Wechsler am Tatort ankommt, erkennt er in der Toten eine frühere Geliebte. Er ist geschockt, aber statt den Fall abzugeben, macht er sich verbissen an seine Aufklärung.

In der Toten, die blutüberströmt im Hinterhof einer besseren Wohnanlage in Kreuzberg gefunden wird, erkennt Kommissar Leo Wechsler Marlene Dornow. Bevor Wechsler seine derzeitige Frau Clara kennenlernte, hat er sich gelegentlich mit Marlen getroffen, obwohl er wusste, dass sie von ihren intimen Beziehungen zu reichen und einflussreichen Männern lebte. Eine lockere Beziehung, bei der es für beide nur um Sex ging – dass es das schon 1926 gab, wird wohl für viele Leser schon ein Aha-Erlebnis sein.

Eine zweite Leiche

Kurze Zeit später wird auch der bekannte Regisseur Viktor König ermordet, eine glanzvolle Figur der neuen Filmindustrie, die sich in Berlin ausbreitet. Gerade erst hat er mit seinem neusten Film einen großen Erfolg gefeiert, als auch er einer roten Glasscherbe zum Opfer fällt. Das kann natürlich kein Zufall sein und Wechsler und sein Team suchen nach dem Zusammenhang zwischen den beiden Toten. Auf den ersten Blick scheint es keinen zu geben, die beiden Opfer haben sich nicht gekannt, Marlen hat nicht beim Film gearbeitet. Allerdings wurde sie in der letzten Zeit an zwei Stellen mit einer jungen Frau gesehen, nach der Wechsler dann suchen lässt.

Analoge Spurensuche

Der Fall an sich ist schon interessant konstruiert und spannend erzählt. Der besondere Kick entsteht aber tatsächlich durch die Verlegung der Handlung in die Vergangenheit. Keine Computer hilft bei der Suche nach Informationen, das Telefon ist zwar ein wichtiges Hilfsmittel, aber in Privathaushalten noch nicht sehr verbreitet. Das persönliche Gespräch ist das Mittel der Wahl, dabei besuchen die Ermittler auch die aufregende Welt der Filmstudios. Die Ergebnisse der verschiedenen Befragungen werden im Besprechungsraum auf einer Schultafel festgehalten. Immerhin: Fingerabdrücke kann die Spurensicherung bereits finden. Die Tatortfotos sind in schwarz-weiß und damit doch recht schwache Abbilder der Realität, wie auch Wechsler im Krimi feststellt.

Spannende Geschichtsstunde

Mord in Babelsberg ist zwar der vierte Band in der Serie um Leo Wechsler, lässt sich aber auch hervorragend unabhängig von den anderen Bänden lesen. Die Krimihandlung ist sehr gut, spannend, die Protagonisten sind sympathisch, wenn auch als Charaktere nicht sehr vielschichtig ausgearbeitet. Wirklich sehr gut ist der unmittelbare Blick in das Berlin der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts mit vielen kleinen Details. Beim Lesen fühlt man sich wie in einen alten Schwarz-weiß-Film versetzt – nicht unbedingt ein Stummfilm, wie sie Viktor König gedreht hat, dazu sind die Protagonisten doch zu lebendig, aber alles in allem ein fantastischer Blick in eine uns fremde Vergangenheit, die dabei doch eigentlich noch gar nicht so lange zurückliegt.

Susanne Goga. Mord in Babelsberg. Ein Fall für Leo Wechsler. München: dtv, 2014. (Leo Wechsler 4)

Mehr zur Autorin und zur Serie auf der Autorenseite Susanne Goga.

2 Gedanken zu „Susanne Goga. Mord in Babelsberg – Leo Wechsler 4 (2014)“

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