Frankreich, Unterhaltung

Christiane Sadlo. Wilde Wellen (2011)

Marie Lamare, eine junge Polizistin in Paris, wird angeschossen. Das eigentliche Opfer der Schießerei, Paul Racine, rettet sie vor dem Verbluten. Aber Marie verliert ihr Gedächtnis und die Ärzte können nur ihren Vater als nächsten Angehörigen finden. Michel Dumont holt seine Tochter in die Bretagne, damit sie sich zu Hause erholen kann. Er verschweigt ihr allerdings, dass Marie und ihre Mutter den Vater vor Jahrzehnten verlassen und sie seitdem keinen Kontakt mehr hatten.

Doch auch Paul zieht in die Bretagne, der Archäologe mit Spezialgebiet Menhire tritt eine neue Stelle an der Universität von Brest an. Und natürlich begegnet er Marie, ein Satz von ihm hilft Maries Erinnerungsvermögen auf die Sprünge. Die Wut auf ihren Vater ist riesengroß und sie kehrt nach Paris zurück. Doch so schnell kann sie ihr altes Leben noch nicht wieder aufnehmen. Ein Besuch von Paul in Paris und ein magischer Kuss locken sie zurück in die Bretagne.

Viele Geschichten dramtisch verstrickt

Marie möchte ihrem Vater noch eine Chance geben – und auch sein Geheimnis erkunden, denn der Sterne-Koch scheint eine schwere Last zu tragen. Paul hat neben seiner Dozenten-Tätigkeit und der Liebesgeschichte mit Marie auch noch eine eigene Agenda: Er ist auf der Suche nach seiner leiblichen Mutter, Céline Marchand. Céline ist Druidin und Heilerin, hauptberuflich aber langjährige Chefsekretärin von Leon Menec. Der schwerreiche Fisch-Industrielle lebt mit seiner jüngeren Frau Claire und dem gemeinsamen Sohn Caspar in einem Schloss in der Nähe. Leon kämpft mit einem schlechten Gewissen, Caspar mit Drogen und Claire versucht mit allen Mitteln, ihre Pläne für ihren Sohn umzusetzen. Luftikus Caspar allerdings verliebt sich in Marie und träumt von einem Leben mit ihr in einem sorgenfreien Paradies …

Marie kämpft also nicht nur mit ihrer neuen Liebe zu Paul – beide sind eigentlich anderweitig gebunden – sondern will auch die Geheimnisse um ihren Vater, Leon und Céline erkunden. Céline stirbt, Paul und Leon sterben beinahe, Michel gerät unter Mordverdacht, Seenot, eine Entführung … unglaublich, wie dramatisch es in der Bretagne zugeht.

Unterhaltung mit Schwächen

Der Roman ist ganz nette Unterhaltung an einem für mich interessanten Schauplatz, aber er hat schon viele Schwächen, die man als Leser tolerieren muss. Viel zu viele dramatische Aktionen und unterschiedliche Geschichten und Motive, aber leider nicht genug Tiefe, weder bei den Personen, die klischeehafte Abziehbilder bleiben, noch bei der Bretagne als Schauplatz, die auf Postkarten-Niveau reduziert wird. Die Sprache ist sehr einfach, aber dafür häufig pathetisch und die Mittel, um Spannung zu erzeugen, so plump wie im Schulaufsatz. Dazu kommen sogar noch simple Fehler, Tippfehler, aber auch mal die Verwechslung von Claire und Céline – ein Fehler, der dem Leser aber so offensichtlich ist wie die gesamte Handlung vorhersehbar.

Genug Drama für vier Filme

Literarisch Wertvolles gibt es in Wilde Wellen nicht, trotzdem habe ich es ganz gerne gelesen. Es kommt wohl immer auch auf die Erwartungen an: da ich von Christiane Sadlo schon als Drehbuchautorin (Inga Lindström) gehört hatte, waren Dramatik und Kitsch fast selbstverständlich. Viele Szenen aus dem Roman konnte ich mir ganz gut als diese Art Film vorstellen – aber erst hinterher habe ich erfahren, dass der Roman tatsächlich als Mini-Serie von vier Mal 90 Minuten im ZDF ausgestrahlt wurde. Kein Wunder also, dass es im Buch so dramatisch zugeht, die Dramatik musste schließlich für vier Spielfilme reichen.

Christiane Sadlo. Wilde Wellen. München: Blanvalet, 2011.

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