Frankreich, Krimi

Christine Cazon. Endstation Côte d’Azur – Kommissar Duval 4 (2017)

Commissaire León Duval genießt gerade eine Woche trauter Zweisamkeit mit seiner Freundin, der Journalistin Annie Châtel, als am exklusiven Bijou Plage eine Leiche gefunden wird. Die Stadt ist in heller Aufregung, da der Tote eine dunkle Hautfarbe hat: Haben sich die Unruhen in den Flüchtlingscamps und an der italienischen Grenze jetzt bis nach Cannes ausgedehnt?

Da es zunächst der einzige Anhaltspunkt ist, fahren Duval und Annie zur Grenze nach Italien, um sich vor Ort zu informieren und vielleicht jemanden zu finden, der den Toten identifizieren kann. Doch das ist aussichtslos und die chaotische Lage unter den Flüchtlingen macht beide betroffen und löst einige Diskussionen aus.

Straßenhändler

Es stellt sich allerdings heraus, dass der Tote einer der Straßenhändler war, die in Cannes im Sommer an jeder Ecke anzutreffen sind. Dia Malick, bereits ein älterer Herr, arbeitete mit Genehmigung, verdiente in Cannes das Geld, um seine große Familie in Afrika zu unterstützen. Sein französischer Vermieter half ihm gelegentlich, hatte Verständnis für die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe. Anfeindungen von anderen Franzosen versuchen die Straßenhändler einfach aus dem Weg zu gehen, wie Duval erfährt, nachdem es ihm endlich gelungen ist, mit einigen wenigen zu reden. Rivalitäten, die in einem Mord enden, sind vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich.

Noch ein Toter

Duvals Vorgesetzte sind auf jeden Fall erleichtert, dass sich in Cannes kein Flüchtlingsdrama abspielt. Die Straßenhändler sind ihnen nicht so wichtig, für Duval könnten die Ermittlungen entspannter ablaufen. Die Obduktion des Toten ergibt dann Unerwartetes, doch es wird eine zweite Leiche gefunden: Dem Neffen des ersten Toten wurde die Kehle durchgeschnitten. Steckt doch mehr dahinter, als alle zunächst angenommen hatten?

Flüchtlingsthematik

Dieser Krimi nimmt einen untypischen Verlauf was den Fall angeht, soviel kann jedenfalls verraten werden. Als Leser hat man sehr den Eindruck, dass in diesem Band der Kriminalfall lediglich als Aufhänger dient, um die Flüchtlingsproblematik zu thematisieren und auch gleich noch einen sozialkritischen Blick auf die Situation der Straßenhändler zu werfen. Das geht so weit, dass Duval und seine Freundin ausgiebig diskutieren und sich deshalb sogar zerstreiten, auch bei den Befragungen kommen unterschiedliche Menschen mit ihren Positionen ausgiebig zu Wort. Mir hat diese Mischung auf jeden Fall sehr gut gefallen – auch wenn die Lösung des Falles dann vielleicht etwas zu viel an Aktualitätsbezug herbeizwingt.

Christine Cazon. Endstation Côte d’Azur. Der vierte Fall für Kommissar Duval. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2017.

Mehr zur Serie und zur Autorin auf der Autorenseite Christine Cazon.

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