Frankreich, Roman

Claudie Gallay. Ein Stück vom Himmel (2015)

Laut Wikipedia und Klappentext ist Claudie Gallay eine der populärsten Autorinnen Frankreichs, ihr Roman Brandungswelle (auf Deutsch 2010 erschienen) war ein Bestseller und bekam verschiedene Preise. Dazu stand auf dem Klappentext von Ein Stück vom Himmel eine Inhaltsangabe, die mein Interesse weckte, also begann ich zu lesen. Aber gleich vorweg: sehr weit bin ich nicht gekommen. Und das, obwohl ich so gut wie nie ein Buch abbreche.

Zum Inhalt: Claire / Carole fährt im Dezember in ihr Heimatdorf Le Val in den französischen Alpen. Grund sind Schneekugeln, die ihr Vater Curtil an sie und ihre Geschwister geschickt hat. Das war bereits in ihrer Kindheit ein Vorbote ihres reisefreudigen Vaters, ein paar Tage oder Wochen nach der Schneekugel kam auch er mal wieder auf einen kurzen Besuch nach Hause. Für die Mutter ein Fest.

Dorfleben

Bruder Philippe und Schwester Gaby wohnen immer noch in Le Val, auch viele alte Bekannte trifft Carole. Das Dorf scheint arm, Holzfäller bestimmen das aktuelle Geschehen, der Streit um den Bau einer Skipiste erhitzt die Gemüter bis zu einem gewissen Grad. Alte Traumata scheinen irgendwo zu lauern, zum Beispiel im Brand des Elternhauses, dem die Kinder nur knapp entkommen konnten. Natürlich ist das Dorf auch voller Sonderlinge, die alte Feindschaften oder erstaunliche Allianzen bilden.

Erzähl-Stil

Ich-Erzählerin Carole beschreibt nüchtern ihren Tagesablauf im Stile eines holprigen Schulaufsatzes: Ich ging, ich tat, danach machte ich. Sie bringt die Tage rum, während sie und ihre Geschwister auf den Vater warten. Bruchstückhafte Gespräche ergänzen die Abfolge, alles bleibt karg. Gelegentlich kommen vereinzelt Bruchstücke einer möglichen Geschichte zum Vorschein – aber sie bleiben so isoliert, sachlich und winzig, dass sie sich im “Zeittotschlagen” der langweiligen Tagesabläufe Caroles verlieren.

Auch die Figuren im Roman bleiben so karg wie man sich die Landschaft vorstellt, echte Charaktere kommen nicht zum Vorschein. Vereinzelt hilft eine kurze Beschreibung einer Kleinigkeit, aber vorstellen kann man sich diese Menschen nicht. Sie bleiben merkwürdige Figuren, so nichtssagend und emotionslos, dass sie weder Sympathie noch Antipathie wecken – und schon gar kein Interesse an ihrem Schicksal. Das gilt sogar für die Ich-Erzählerin.

Abgebrochen

Nach 214 mühsam erlesenen Seiten, von den insgesamt 572, war ich mit meiner Geduld am Ende. Kommt da noch ein großer Paukenschlag? Irgendeine geniale Wendung? Ein kleiner Rest Neugierde bleibt zwar, aber es scheint die Mühe einfach nicht wert zu sein.

Vielleicht enthüllt sich auf den nächsten 300 Seiten auch, warum die Protagonistin im Klappentext “Claire” heißt, im Roman direkt zu Anfang aber mit “Carole” angesprochen wird – sonst müsste man fast vermuten, dass es auch der Lektorin (oder wer auch immer in diesem Fall den Klappentext verfasst hat) zu mühsam war, den Roman zumindest bis Seite 16 zu lesen …

Über Claudie Gallays Ein Stück vom Himmel auf LiteraturLese.de

Claudie Gallay. Ein Stück vom Himmel. München: btb Verlag, 2015. | Une part de ciel. Arles: Actes Sud, 2013. Übersetzung Michael von Killisch-Horn.

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

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