Deutschland, Krimi

Kari Köster-Lösche. Der Tote am Hindenburgdamm – Niklas Asmus 1 (2014)

Alltag und Mord auf Sylt im Jahr 1923.

Kriminalinspektor Niklas Asmus wird von Rostock nach Sylt strafversetzt und degradiert, eine eigene Meinung zu haben – und zu äußern – kommt im aktuellen politischen Klima nicht besonders gut an. Und so darf Asmus jetzt keine Mörder mehr jagen, sondern muss sich bei der Schutzpolizei von Sylt ganz unten einreihen. Willkommen ist er dort nicht, das macht ihm Dienststellenleiter Sinkwitz von Anfang an klar. Ermitteln soll er auch auf keinen Fall, dafür sei man nicht zuständig. Er soll im Ort Streife gehen und sich später um die neuen Naturschutzgebiete der Insel kümmern.

Einfach ignorieren!

Doch Asmus ist mit Leib und Seele Polizist und so fällt es ihm schwer, den Schlendrian der hiesigen Kollegen zu akzeptieren. Ein Toter am Strand wird schnell als Landstreicher zu den Akten gelegt. Eine Zollrazzia soll Asmus ausgerechnet dann machen, wenn er in dem Hafen garantiert keinen erwischen soll. Dann wird der von Asmus beschlagnahmte Schnaps geklaut, worum er sich nicht kümmern soll. Auf der Werft, in deren Nähe Asmus auf seinem Boot schläft, hat jemand eine Leiter angesägt und ein junger Mann ist gestorben. Ach was, ein Unfall, heißt es. Asmus‘ Motorrad hat eines Morgens zerstochene Reifen und dann wird ein anderer Motorradfahrer neben der Polizeiwache ermordet. Er hatte das Polizeimotorrad … entwendet? Geliehen? Der Tote war ein Freund von Sinkwitz.

Ein erster Fall

In diesem Fall soll Asmus auf einmal seine ermittlerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Es widerstrebt ihm zwar, Sinkwitz einen Gefallen zu tun, aber er gehorcht und klärt den Fall schnell auf. Den Schuldigen soll er aber nicht verhaften, denn er ist ein angesehener Sylter Kaufmann und mit denen will Sinkwitz es sich nicht verderben. Obwohl er als Kommunist auch gerne lautstarkt gegen sie wettert.

Ein großer Fall

Mit dem Toten am Hindenburgdamm bekommt Asmus dann endlich einen richtigen Fall, in den er sich gerne hineinkniet. Und mittlerweile weiß er ja auch schon, wie es auf Sylt so läuft. Der neue, noch im Bau befindliche Damm spaltet die Insel: Die Einheimischen verfluchen ihn, die Kaufleute freuen sich auf noch mehr zahlungskräftige Kundschaft. Dazu kommen noch die aktuellen politischen Befindlichkeiten, Parteiversammlungen, Vertreter der gerade verbotenen NSDAP, Kommunisten. Und natürlich die Inflation, unter der die Ärmsten der Insel zwar ganz besonders leiden, die aber allen gehörig zu schaffen macht.

Blick zurück

Die Kriminalfälle sind an sich nicht besonders spannend, aber darauf liegt hier ja auch nicht der Fokus. Der Blick zurück auf die Polizeiarbeit in diesen schwierigen Zeiten und auf den Alltag der Inselbewohner ist allerdings sehr gelungen und sorgt für eine eigene Spannung. Leider bleibt alles ein bisschen distanziert, historisch fern eben. Natürlich kann ich nicht alle Details überprüfen, aber der Roman wirkt auf jeden Fall wie ein sehr authentisches Panorama der Insel in den 1920er-Jahren. Wer sich für Sylt oder die Geschichte dieser Zeit allgemein interessiert, der ist hier richtig.

Kari Köster-Lösche. Der Tote am Hindenburgdamm. Berlin, Aufbau 2014. (Niklas Asmus 1)

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