Neuseeland, Unterhaltung

Laura Walden. Das Geheimnis des letzten Moa (2011)

Grace Cameron fliegt nach Neuseeland um ihre Urlaubsliebe wiederzutreffen – doch das wird erwartungsgemäß zu einer großen Enttäuschung. Der zweite Reisegrund der Biologin, die Zusammenarbeit mit einer renommierten Professorin, interessiert sie dann eigentlich schon nicht mehr. Am liebsten würde Grace sofort wieder nach Hause, nach Deutschland, fliegen. Doch dann gäbe es schließlich keine Neuseelandsaga.

In ihrem Roman Das Geheimnis des letzten Moa verknüpft Laura Walden zwei Erzählstränge: Graces Besuch in der Heimat ihrer Vorfahren und ein Rückblick auf die Geschichte ihrer Vorfahrinnen. Den zweiten Handlungsstrang erzählt die Professorin Susan Almond häppchenweise, nachdem sie Grace überredet hat, eine Weile bei ihr zu wohnen. Das berufliche Interesse an den ausgestorbenen Moas verbindet die beiden Frauen. Den Grundstein der Moa-Sammlung in Susans Haus hat bereits ihre Großmutter Antonia gelegt, sodass Grace neugierig auf ihre Geschichte wird und Susan gerne zuhört. Als Susan aber immer mehr darauf drängt, dass Grace, die adoptiert wurde, ihren eigenen Vorfahren nachforschen muss, nehmen die Reibungen zwischen den beiden Frauen zu.

Vieles nicht nachvollziehbar

Besonders das aktuelle Geschehen verlangt der Leserin bisweilen viel Geduld ab, die Logik bleibt häufig auf der Strecke: Eine Wissenschaftlerin, die wegen einer Urlaubsliebe ans andere Ende der Welt reist, trotz Flugangst und Bedenken von Freunden und Familie. Den plausibleren Grund, das geplante gemeinsame Buch mit der bekannten Ornithologin, verschweigt sie lieber, besonders ihrem Adoptiv-Vater gegenüber, der selber aus Neuseeland stammt. (Im Laufe der Lektüre erfährt man, warum das der Autorin nötig schien, aber…) Dann hat Grace angeblich keinerlei Interesse daran, etwas über ihre eigenen neuseeländischen Wurzeln zu erfahren – als Forscherin und obwohl sie seit Schultagen von Neuseeland fasziniert ist. Zu der Professorin spürt Grace sofort eine geheimnisvolle Verbindung (das sagt sie jedenfalls, die Leserin würde es sonst aus Handlung oder Erzählweise wirklich nicht merken) trotzdem streiten sie dauernd und Grace droht immer wieder mit Abreise. Sie bleibt natürlich. Der Grund scheint zu sein, dass dieser Erzählstrang künstlich gestreckt werden musste, um in der Länge parallel zum historischen laufen zu können.

Der Rückblick

Die angeblichen Erzählungen Susans sind vom Stil her nicht als solche zu erkennen und auch nicht explizit in die Gegenwartshandlung eingebunden. Susan erzählt die Geschichte ihrer Vorfahrinnen: Selma, die mit Anfang 20 aus England nach Neuseeland kommt. Ihre Tochter Antonia, deren Tochter Barbra und dann wiederum deren Töchter Susan (ja, die Professorin) und Deborah. Eine Geschichte mit vielen Personen, aber einem Thema: heimliche Liebschaften und ungewollte Schwangerschaften. Der jeweilige Vater darf nichts von der Tochter erfahren, der Tochter wird das Leben entsprechend schwer gemacht.

Schmökern ja – aber mit Geduld

Alles in allem unterhält diese Neuseelandsaga noch ganz gut, man kann abtauchen und schmökern. Gelegentlich war ich allerdings nur genervt: Grace Rumgezicke bei Susan passt so gar nicht zu einer Wissenschaftlerin und auch die vielen unerwünschten Schwangerschaften, scheinbar ein Markenzeichen der Familie, sind etwas zu viel. Das Leben von immerhin fünf Generationen wird auf diesen Aspekt reduziert, der Moa gerät darüber fast in Vergessenheit, alle anderen Aspekte sowieso.

Der Schluss des Romans ist zwar melodramatisch, versöhnt aber fast wieder mit den nervigen Passagen zwischendurch – teils Drama, teils Happy-End, sehr gut passend für einen Schmöker. Auch die Sprache ist in Ordnung, nirgendwo hakt der Lesefluss wegen ihr.

Schade, dass ich nicht die Lektorin war

Als Lektorin hätte ich darauf bestanden, die Handlung um einiges zu straffen, das hätte dem Roman auf jeden Fall gut getan: eine Generation weniger hätte auch Grace einiges an Selbstmitleid und Rumgezicke erspart. Für so manche Ungereimtheit hätte sich sicher eine plausiblere Lösung finden lassen und ein wenig mehr Charakter für Grace hätte auch nicht geschadet. Und Atmosphäre …

Wenn man nicht allzu kritisch sein will, bleibt aber immer noch ein halbwegs netter Schmöker, wenn frau für ein paar Stunden aus unserem europäischen Alltag abtauchen will. Dabei macht es dann gar nichts, wenn man zwischendurch die eine oder andere Passage einfach überspringt: unwahrscheinlich, dass man Wesentliches verpasst.

Laura Walden. Das Geheimnis des letzten Moa. Neuseelandsaga. Köln: Bastei-Lübbe, 2011.

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