Frankreich, Krimi

Pierre Martin. Madame le Commissaire und der verschwundene Engländer – 1 (2014)

Isabelle Bonnet ist Madame le Commissaire – aber natürlich ist sie keine gewöhnliche Kommissarin, sondern eigentlich Chefin einer Spezialeinheit des Staatsschutzes. Bei einem Bombenattentat auf den französischen Präsidenten wurde sie verletzt, zur Erholung fährt sie ausgerechnet in ihren Geburtsort, an den sie scheinbar seit Jahren keinen Gedanken verschwendet hatte: Fragolin, ein Dorf im Departement Var. Dort ist gerade eine Frau ermordet worden und ein Engländer verschwunden.

Eigentlich will Workaholic Isabelle sich nur erholen und vielleicht ein wenig nach ihren Eltern forschen, die bei einem Autounfall ums Leben kamen. Der Vater war einst Bürgermeister des Dorfes und hatte erbitterte Konkurrenten. Isabelle hält den angeblichen Unfall für einen Mord und fängt an, ein wenig nachzuforschen.

Zu gut für den Job …

Das aktuelle Verbrechen ist Thema im Dorf, doch Isabelle wird erst aktiv, als ihr Chef und väterlicher Freund sie auf den Fall ansetzt. Die örtliche Polizei sei überfordert, doch eigentlich erwarte man gar keine Ergebnisse. Also sei der Fall quasi Medizin für Isabelle, so werde sie schneller gesund als durch Nichtstun. So ganz überzeugt ist die Mittvierzigerin nicht, aber ihr Ehrgeiz ist geweckt und sie geht Details nach, die am Ende natürlich zur Auflösung des Falles führen. Nicht ohne dramatischen Showdown …

Schauplatz Provence

Madame le Commissaire ist ein Krimi, den man schnell runterlesen kann, meistens ist er wirklich spannend, stellenweise ganz nett, stellenweise ärgerlich, sicher kein ganz großer Wurf. Gut gefallen hat mir das Setting im Hinterland der Côte d’Azur, der Duft von Lavendel und Rosmarin, das französische Savoir-vivre – das dann allerdings schon zu oft betont wird. Assistent Apollinaire ist sicher die skurrilste, aber auch lebendigste Figur des Krimis. Ein paar Dorfbewohner entsprechen nett-schrulligen Klischees. Die alte Freundin Clodine scheint nur Staffage und Mittel zum Zweck.

Widersprüchliche Protagonistin

Die Hauptfigur Isabelle ist nicht sehr konsequent gezeichnet, der Bomben-Unfall muss als Entschuldigung herhalten. Einmal legt sie im Alleingang ein paar Angreifer aufs Kreuz, dann macht sie banale Anfängerfehler, nur damit es am Ende spannend werden kann… Eine Affäre muss sie natürlich auch haben, mit dem derzeitigen Bürgermeister Thierry, aber Isabelles Reaktionen sind auch hier widersprüchlich. Showdown und Auflösung des Falles passen eigentlich nicht wirklich zum vorherigen Geschehen oder Stil des Krimis.

Gute Idee, aber die Ausführung …

Der ganze Krimi macht den Eindruck, als sei er unter großem Zeitdruck entstanden. Eine gute Ausgangsidee, aber dann keine Zeit, die Handlung konsequent aufzubauen und stringent zu erzählen. Gelegentlich ist der Leser unmittelbar im Geschehen, dann wieder wird sehr distanziert berichtet. Sogar von einer Unterhaltung heißt es dann: Sie redeten über … und über … – Wenn der Dialog wesentlich für die Handlung ist, sollte der Autor das Wesentliche direkt wiedergeben, wenn es nicht wichtig ist, sollte er es besser ganz weglassen. Ein Serienauftakt mit Luft nach oben.

Pierre Martin. Madame le Commissaire und der verschwundene Engländer. München: Droemer Knaur, 2014.

Mehr zum Autor und zur Serie auf der Autorenseite Pierre Martin.

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