Deutschland, Unterhaltung

Sarah Kuttner. Wachstumsschmerz (2011)

Luise und Flo wollen zusammenziehen – vielleicht. Vermutlich. Ganz demnächst. Die Wohnungssuche dauert und beiden merkt man ihre Zweifel an, ob das wohl das Richtige ist für sie. Jeder weiß es auch vom anderen und trotzdem wollen sie “das jetzt durchziehen”. Schließlich macht man das doch so, wenn man erwachsen sein sollte, mit Anfang / Mitte 30. Oder?

Luise ist Herrenschneiderin, ist es eigentlich sehr gerne, aber jeder scheint von ihr mehr Ehrgeiz zu erwarten. Sie selber wäre eigentlich ganz zufrieden … Ihr Freund Flo ist Manager einer Kletterhalle, sportlich, ansonsten der einfühlsame Mann, von dem Frauen träumen. Nach ein paar guten Jahren zusammen, fühlen sich Luise und Flo gedrängt, den nächsten Schritt zu machen und zusammenzuziehen. Trotz aller Zweifel.

Das Scheitern ist vorprogrammiert

Als Leser weiß man noch vor dem ersten “richtigen” Kapitel, dass das Experiment Zusammenziehen gescheitert ist: auf zwei Zeitebenen lässt Kuttner Luise erzählen, einmal von der Wohnungssuche und der gemeinsamen Zeit dort, zum anderen darf Luise nach dem Scheitern ihre Trauer und Ohnmacht ausbreiten. Beide Ebenen punkten durch eine moderne, teilweise originelle Sprache und einen gewissen Einblick in Gefühle und Befindlichkeiten Luises.

Monotone Jammerei

Allerdings gibt es Einiges, dass das Lesevergnügen nach einiger Zeit zunichte macht. Das ist vor allem Luises ständiges Jammern, ihre Klagen und Beschwerden, die sich immer im Kreis drehen, immer Suche bleiben, aber nie in Entschlüsse oder Aktionen münden. Das mag realistisch sein, in einem Roman erwartet man mehr, mehr Tiefe oder mehr Handlung, eine bedeutsame Wendung. Doch Luise scheint nur wie ein kleines Mädchen mit hängenden Armen gegen das Leben zu jammern …

Keine neue Entdeckung

Darüber hinaus wird die Geschichte von Flo und Luise so erzählt, als sei es eine völlig neue Entdeckung gerade dieser Generation, dass es Menschen gibt, die Probleme mit dem Erwachsenwerden haben, die sich nicht erwachsen fühlen, die sich den Anforderungen einer Erwachsenen-Welt nicht stellen wollen oder können, die versuchen, erwachsen zu spielen und daran scheitern. Doch das ist kein Problem irgendeiner Generation, sondern eher eine Charakterfrage.

Luise nervt

Und als Charakter, so leid es mir tut, bleibt Luise dann doch zu oberflächlich, über ihre hilflose Jammerei kommt sie an keiner Stelle hinaus, aber auch psychologische Einblicke bleiben dem Leser verwehrt. So kann man mit Luise also höchstens Mitleid haben, aber wahrscheinlicher ist, dass sie den Leser gewaltig nervt und man ihr liebend gerne mal einen Tritt in den Hintern geben möchte und den Rat, irgendwie aktiv zu werden – und sei es, dass sie endlich eine Therapie macht.

Sarah Kuttner. 2011. Wachstumsschmerz. Frankfurt: S. Fischer, 2011.

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