Deutschland, Krimi

Nadja Quint. Hohes Tier – Lilo Gondorf 2 (2017)

Pensionsbesitzer Heiko Raabe beschwert sich über seinen Nachbarn: Dieser würde jede Menge Katzen auf seinem Grundstück beherbergen, deren Lärm und Gestank ihn und seine Gäste störten. Da es sich bei dem Nachbarn um den ehemaligen Landwirtschaftsminister Hansjoachim Segert handelt, sind Polizei und Tierschützer bei ihrer Aktion etwas nervös. Doch was sie in Segerts Haus vorfinden, rechtfertigt ihr Eingreifen: Über 100 Katzen sind im Haus eingesperrt und Segert ist ganz offensichtlich psychisch gestört. Mit dem Fund einer Leiche im Garten rechnet allerdings niemand …

Bei der toten Frau handele es sich um eine ehemalige Lebensgefährtin namens Ewa, erzählt Segert bereitwillig. Sie sei vor wenigen Tagen zu Besuch gekommen und habe sich dann selber erschossen. Mehr will Segert zu dem Fall nicht sagen. Und Lilo Gondorfs Tochter Verena übernimmt vom Kommissariat Stralsund aus die Ermittlungen. Begeht eine Frau wirklich Selbstmord, indem sie sich mitten ins frisch geliftete Gesicht schießt? Oder ist Segert vielleicht so verwirrt, dass er einen Mord begangen hat? Aber warum sagt er dann nicht mehr zu „Ewa“? Nicht mal ihr Nachname oder ihr Beruf ist aus Segert herauszubekommen.

Ein Fall für Lilo Gondorf?

Titelfigur Lilo Gondorf, 60 Jahre alt, Vermieterin zweier Ferienhäuser auf Rügen und ehemalige Kommissarin, kann es nicht lassen, auch selber bei den Ermittlungen mitzumischen. Immerhin wird sie von ihrer Tochter auf dem Laufenden gehalten, sie kennt Heiko Raabe vom Square Dance und Freund Oskar hatte mit dem Ex-Minister schon zu tun. Das reicht für Lilo völlig aus, um sich als freiwillige Helferin im Tierheim einzuschleichen, wo sie aus irgendeinem, nur ihr erklärlichen, Grund dunkle Machenschaften vermutet. Die junge Leiterin des Tierheims, Nora Onning, war bei der Katzenbefreiung bei Segert dabei. Der smarte Tierarzt Kai-Uwe Scholl hat in jungen Jahren bereits zwei Tierarztpraxen auf Rügen. Kann das alles mit rechten Dingen zugehen?

Verena Gondorf ermittelt

Auch wenn Lilo im Verlauf des Krimis noch mehr Gelegenheiten zu eigenmächtigen „Ermittlungen“ bekommt, steht dieses Mal doch ihre Tochter Verena als ermittelnde Kommissarin häufiger im Vordergrund. Der Leser darf Verena bei Fahrten und Befragungen begleiten, nicht aber in ihr Privatleben. Privatleben gibt es nur bei Lilo, die zwar gerne mitmischen möchte, aber nicht so wirklich zum Zuge kommt. Eine Rollenverteilung, die vermutlich nur Mütter von erwachsenen Kindern völlig normal finden werden.

Überraschung!

Insgesamt ist dieser zweite Band mit Lilo Gondorf jedenfalls viel besser lesbar als sein Vorgänger. Der Fall ist wirklich interessant, die Aufklärung folgt einer gewissen Logik – allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt. Kurz vor Ende des Krimis tun auf einmal alle sehr heimlich und der Leser weiß, die Auflösung des Falles soll dramatisch und überraschend präsentiert werden. Während der Leser den Ermittlungen vorher genauestens folgen durfte, werden auf einmal Schritte ausgelassen, damit recht unbeholfen ein Überraschungseffekt konstruiert werden kann. Die Erklärungen müssen dann natürlich nachgeliefert werden, zum einen mit Ausschnitten aus Vernehmungsprotokollen, zum anderen mit einem Kaffeeklatsch zwischen Mutter und Tochter. Was sich zwar ganz nett liest, aber dann doch den Höhepunkt des Romans irgendwie kaputtmacht.

Krimi mit ein bisschen Rügen

Alles in allem ist Hohes Tier ein netter Regionalkrimi mit einer sympathischen Heldin jenseits des üblichen Heldinnenalters, mit einem interessanten Fall, mit ein bisschen Rügen und Urlaub und flüssig erzählt. Der mühsam konstruierte „Höhepunkt“ der Auflösung des Falles ist aber leider ärgerlich. Krimifans, die gerne miträtseln möchten, haben da keine Chance.

Nadja Quint. Hohes Tier. Ein Fall für Lilo Gondorf. München: btb, 2017. (Lilo Gondorf 2)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Mehr zur Autorin auf der Autorenseite Nadja Quint.

3 Gedanken zu „Nadja Quint. Hohes Tier – Lilo Gondorf 2 (2017)“

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