Krimi, Schweden

Åsa Larsson. Wer ohne Sünde ist – Rebecka Martinsson 6 (2022)

Ausgezeichnet mit dem schwedischen Krimipreis – Nachschlag zu Rebecka Martinsson.

Weil ihr Bruder Henry sich nicht meldet, fährt Ragnhild Pekkari zu ihm auf die Insel und findet dort nicht nur ihren toten Bruder, sondern auch eine Leiche in dessen Tiefkühltruhe. Die lag offenbar bereits seit Jahrzehnten darin. Hat etwa ihr Bruder einen Mord begangen? Der Kontakt zwischen den Geschwistern war nicht eng, eigentlich traut Ragnhild Henry alles zu. Die beiden Leichen landen bei Gerichtsmediziner Lars Pohjanen auf dem Tisch, der zwei Morde feststellt: Auch Henry ist nicht am Alkohol gestorben, wie zunächst vermutet, sondern wurde erstickt.

Sehr viel Boxen …

Bei dem alten Toten handelt es sich um den Vater des bekannten Boxers Börje Ström, Raimo Koskela, der vor Jahrzehnten während eines Kurzurlaubs mit seinem Sohn spurlos verschwand. Auch er war Boxer gewesen und nach seinem Verschwinden sucht Börje in dessen altem Boxclub die Nähe zum Vater. Sehr detailliert dürfen wir auch Börjes Karriere als Boxer und diverse Kämpfe begleiten – nichts, was den Krimi weiterbringen würde, wie ich finde, aber vielleicht lassen sich so Männer als Leser gewinnen?

Private Ermittlungen

Da der Mord an Koskela von 1962 bereits verjährt ist, ist die Aufklärung kein Fall für die Polizei. Pohjanen bitte Rebecka Martinsson um Hilfe für den ehemaligen Boxer Ström, der jetzt gerne die Wahrheit über den Tod seines Vaters erfahren würde. Rebecka hat gerade allerdings mit all den Routine-Fällen, die ihr Staatsanwalt von Post während der Abwesenheit des Chefs aufs Auge gedrückt hat, alle Hände voll zu tun. Nur der Kopf ist nicht ausgelastet, deshalb kann sie der Versuchung nicht widerstehen. Sie überredet den ehemaligen Polizisten Sven-Erik Stålnacke, mittlerweile in Rente, zu einigen Nachforschungen.

Privates Leben

Neben ihrer Arbeit und dem Machtkampf mit von Post beschäftigt Rebecka immer noch das Liebes-Aus mit Krister. Das ist zwar bereits zwei Jahre her, doch sie beobachtet ihn mit seiner neuen Freundin Marit voller Neid. Und Selbstzweifeln. Und depressiven Stimmungen, die sie mal runterziehen und mal zu selbstzerstörerischen Aktionen verleiten. Ausgeglichen und langweilig passt nicht auf Rebecka! Währenddessen ermittelt Sven-Erik im alten Mordfall, Anna-Maria Mella im aktuellen, Börje und Ragnhild kommen sich unerwartet näher …

Zu viel …

Die Autorin scheint in diesem letzten Band der Reihe, der rund zehn Jahre nach dem vorherigen erschienen ist, etliche Handlungsstränge wieder aufgreifen und zu einem Abschluss bringen zu wollen. An Action darf es natürlich auch nicht fehlen und so wirkt der Krimi an vielen Stellen etwas überfrachtet. Alle möglichen Motive und Verwicklungen müssen angesprochen werden, immer wieder gibt es Einblicke ins Privatleben der Ermittler – und es wird schrecklich viel geboxt. Schon Letzteres ist nie mein Fall und mit der Krimihandlung hat das auch gar nichts zu tun, sondern wirkt nur als Füllsel. Was diese ausführliche Erzählung des Lebens des Boxers für den Krimi bringen soll, ist mir schleierhaft.

… außer an Spannung

Wie immer absolut positiv ist die Darstellung Kirunas, die Besonderheiten des Lebens dort, der Umzug einer ganzen Stadt, die atemberaubende Natur drumherum. Die Charaktere sind auch ganz gut gezeichnet. Nur die Spannung bleibt leider angesichts der vielen „Exkurse“ etwas auf der Strecke.

Åsa Larsson. Wer ohne Sünde ist. München, Bertelsmann 2022. | Fädernas missgärningar. Stockholm, Albert Bonniers Förlag 2021. Übersetzung Lotta Rüegger, Holger Wolandt (Rebecka Martinsson 6)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Und was meinst du dazu?