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Benjamin Cors. Strandgut – Nicolas Guerlain 1 (2015)

Als Personenschützer Nicolas Guerlain auf dem roten Teppich in Cannes seinem Minister einen Koffer in die Weichteile rammt und ihn damit zu Fall bringt, scheint seine Karriere beendet. Zur Strafe wird er in die Normandie geschickt, wo er als Berater bei den Planungen zu einem Treffen der großen Politik fungieren soll. Ausgerechnet in seinem Heimatort Deauville.

Minister François Faure ist über den Vorfall natürlich nicht amüsiert, aber er weiß die Publicity durchaus zu schätzen, große Auftritte sind sein Ding. Und schöne Frauen. Das Team seiner vier Personenschützer betreut jeden Weg des Ministers professionell, dessen Moral zu überwachen, ist nicht ihre Aufgabe.

Der Verlust

Der junge Nicolas Guerlain ist bis zu dem Vorfall in Cannes ein geschätztes Mitglied des kleinen Teams, auch wenn er seit dem mysteriösen Verschwinden seiner Freundin Julie psychische Probleme hat. Medikamente helfen ihm über den Tag. Und manchmal meint er Julie in der Menge zu sehen, so wie in Cannes, was dann zu dem Unfall führte, über den sich noch Wochen später die ganze Welt zu amüsieren scheint.

Der Auftritt

Auch bis nach Deauville sind die Aufnahmen gekommen, Nicolas macht sich da keine Illusionen. Sowieso will er nicht dorthin, hier hat er schon in der Schulzeit Julie kennengelernt, seine Mutter nervt ihn und über den Fortgang seiner Karriere macht er sich auch keine Illusionen. Aber Dienst ist Dienst – auch wenn er ihn auf seine eigene Art versieht. Bei der örtlichen Polizei führt er sich gleich exzentrisch ein: Auf dem Weg hat er eine menschliche Hand aus dem Meer gefischt. Und da die Polizeistation bei seinem Eintreffen verlassen scheint, deponiert er die Hand auf dem Tresen und geht wieder. Allerdings nur in ein Café gegenüber, wo er darauf wartet, abgeholt zu werden. Ein netter ironischer Auftritt, der seine Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei schon früh charakterisiert.

Das Verschwinden

Dienststellenleiter Michel Bonnet und sein Team sind gerade nicht nur mit den Sicherheitsvorkehrungen für den großen Gipfel befasst, sondern auch mit dem Verschwinden eines bekannten Fotografen. Jean Carasso wurde am Tag zuvor vom Boot seines Freundes gespült und konnte nicht mehr gerettet werden. Wie es der Zufall will, logiert Nicolas in der Wohnung über der Carassos, sodass er mitbekommt, dass dort jemand einbricht. War der Tod Carassos wirklich ein Unfall? Ist es seine Hand, die gefunden wurde? Scheinbar nicht. Dann muss es irgendwo noch einen Toten geben.

Der Beobachter

Während Nicolas auf seine eigenwillige Art den Ereignissen in Deauville nachspürt, Zusammenhänge sucht und Beobachtungen macht, Dinge, die außer ihm niemand sieht, erhalten der Minister und die Presse Fotos, auf denen der Minister ganz klar im Visier ist. Ganz klar eine Drohung, doch woher kommt sie? Und wie kann Nicolas den Minister beschützen, ohne im Team zu sein? Da er am Ende der Einzige ist, der die Wahrheit kennt, muss er einen dramatischen Weg wählen.

Krimi plus

Strandgut ist ein spannender Serienauftakt, den ich sehr genossen habe. Zum einen, weil die Normandie eine große Rolle spielt und weil viele interessante Figuren diese Krimiwelt bevölkern. Allen voran natürlich Nicolas Guerlain, eine Mischung aus melancholischem Sensibelchen und James Bond, der einen scharfen Blick hat und gerne ungewöhnliche Wege geht, mal ganz versunken in sein eigenes Experiment und ohne einen Gedanken daran, wie das auf andere wirken mag, dann wieder cool und superheldmäßig als großer Retter des Ministers. Ein eigenwilliger und faszinierender Charakter, den Autor Benjamin Cors in ein wunderbares Setting setzt, wo er auf intelligente Weise einen zutiefst menschlichen Fall entwickelt, immer fesselnd und sehr abwechslungsreich erzählt.

2016 erhielt Benjamin Cors für Strandgut den Friedrich-Glauser-Preis als bestes Krimidebüt.

Benjamin Cors. Strandgut. Ein Normandie-Krimi. München: dtv, 2015. (Nicolas Guerlain 1)

Mehr zum Autor und zu seiner Krimiserie auf der Autorenseite Benjamin Cors.

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