England, Roman

Bridget Collins. Die verborgenen Stimmen der Bücher (2019)

Der junge Emmett Farmer hat sich gerade von einer schweren Krankheit erholt und bemüht sich, auf dem Hof der Eltern wieder seinen Mann zu stehen. Doch dann ändert sich sein Leben dramatisch: Eine Buchbinderin fordert ihn als Lehrling und die Eltern stimmen zu, obwohl sie Bücher als Teufelszeug verabscheuen. Es scheint, dass man den Forderungen einer Buchbinderin nachkommen muss … Ist sie eine Hexe?

Höchst ungern verlässt Emmett den elterlichen Hof und seine kleine Schwester Alta, um seine Lehre bei der Buchbinderin anzutreten. Seredith lebt in einem kleinen, sehr altmodischen Haus mitten im Sumpf und ist bereits sehr alt, gewährt Emmett aber viel Zeit zur Einarbeitung und zum Üben. Als er einen Rückfall in seine Krankheit erleidet, weiß sie, dass Emmett die „Buchbinderkrankheit“ hat – nur Menschen, die zum Buchbinder berufen sind, aber dieser Berufung nicht nachgeben, leiden unter ihr.

Menschen binden

Was es mit dem Buchbinden aber genau auf sich hat, muss Emmett sich erst langsam erschließen. Anfangs übt er nur seine handwerklichen Fähigkeiten bei der Buchherstellung. Fertige Bücher sieht er nicht, die scheint Seredith in einem geheimen Keller eingeschlossen zu haben. Wie der Inhalt eines Buches entsteht, erfährt Emmett auch nicht sofort. Erst als einzelne Besucher (darunter auch der reiche Lucian Darnay) kommen, mit denen Seredith sich in einem Raum einschließt, und sie danach ein neues Buch fertig macht, stellt Emmett einen Zusammenhang her. Es scheint, dass ein Buchbinder die Erinnerungen eines Menschen in ein Buch binden kann. Doch noch bevor Seredith Einzelheiten und Vorgehensweisen erläutern kann, stirbt sie und Emmett wird als Lehrling von ihrem Sohn De Havilland übernommen, der sein Geschäft in der nächsten Stadt, Castleford, scheinbar weit weniger skrupellos führt.

Erinnerungen vergessen

Zur Handlung des Romans könnte man natürlich viel erzählen – aber das würde auch zu viel der Spannung und der wunderbar magischen Faszination der Geschichte zerstören. Dass sich Erinnerungen eines Menschen in ein Buch binden lassen und er sich damit an diesen Teil seines Lebens gar nicht mehr erinnert, eröffnet interessante Perspektiven für Bösewichte ebenso wie für „Helden“. Was macht diese Möglichkeit mit den Menschen?

Magisch

Dazu passt das Setting in einer nicht allzu fernen, aber eher düsteren Vergangenheit mit Kutschen und Edelleuten, reichen Stadtmenschen und armen Bauern oder Handwerkern. Vor allem dank dieses geheimnisvollen Settings, das die Autorin vom ersten Satz an auf unwiderstehliche Weise ausbreitet, wird man als Leser sofort mitten in die Geschichte hineingezogen. Das Geheimnis scheint geradezu greifbar, man weiß schon, dass Fantastisches passieren wird, und folgt gebannt Emmetts Geschichte – die im zweiten Teil dann einige Erklärungen enthält, aber auch noch mehr fantastische Elemente, die eine ganz besondere Magie entwickeln …

Eine wunderbare, faszinierende magische Geschichte, die den Leser sofort in ihren Bann zieht und bis zur letzten Seite nicht wieder loslässt!

Bridget Collins. Die verborgenen Stimmen der Bücher. Berlin: Aufbau Verlag, 2019. | The Binding. London: Harper Collins, 2018. Übersetzung Ulrike Seeberger.

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar via NetGalleyDE!

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