Krimi

Cay Rademacher. Die Passage nach Maskat (2022)

1929. Auf der Passage nach Maskat verschwindet die Frau des Fotoreporters Theodor Jung spurlos – und sie sei gar nicht auf dem Schiff gewesen, hört er. Wird er verrückt? Oder ist alles eine große Intrige?

Die Hamburger Familie Rosterg, Gewürze en gros et en detail, schifft sich in Marseille auf der Champollion ein, die über Arabien bis nach Japan fährt. Das Ziel der Familie ist Maskat, wo neue Gewürze gekauft werden sollen. Neben den Eltern sind auch der erwachsene Sohn Ernst, Tochter Dora mit Ehemann und Prokurist Bertold Lüttgen mit an Bord. Doras Ehemann, Theodor Jung, konnte seinen Arbeitgeber, die Berliner Illustrirte, zu einer Fotoreportage aus dem Orient überreden. Aus seiner Sicht erleben wir das Geschehen an Bord – mit vielen Details, die eine wunderbar authentische Atmosphäre schaffen!

Erste-Klasse-Passagiere

Erstaunt beobachtet Jung, häufig durch die Linse seiner Leica, wer alles mit ihnen auf dem Schiff reist: eine Berliner Nackttänzerin und ein Boxer, der sein Geld in Unterwelt der Hauptstadt verdient, ein Anwalt aus Rom auf geheimer Mission, eine englische Lady, die an der Côte d’Azur ihr Geld als Apothekerin verdient, und ein erster Offizier, der besonders gut mit dem Familienoberhaupt der Rostergs bekannt ist … Doch vor allem macht Jung sein Kriegstrauma zu schaffen, denn er war auf einem U-Boot im Einsatz und kämpft gegen Angstattacken angesichts des Meeres. Und in seiner Ehe läuft es auch nicht gerade besonders gut. Auch auf dem Schiff unterhält sich seine Frau Dora viel zu oft und zu vertraulich mit Lüttgen, den Jung im Verdacht hat, sich die Nachfolge in der Firma sichern zu wollen.

Spurlos verschwunden

Doch nach wenigen Tagen auf dem Wasser ist Dora plötzlich verschwunden. Jung sucht zuerst das ganze Schiff ab, auch die zweite und dritte Klasse, doch niemand hat seine Frau gesehen. Die Rostergs behaupten gar, dass Dora gar nicht auf dem Schiff war, sondern in Berlin auf ihren Mann warte. Als Beweis können sie wenig später sogar ein Telegramm vorweisen, das Dora an ihrem Mann geschickt habe. Doras Gepäck verschwindet aus der gemeinsamen Kabine, auf der Passagierliste taucht ihr Name nicht auf. Kurz zweifelt Jung an seinem Verstand, erst Fanny, die Stewardess, bestätigt ihm, dass sie seine Frau in der Kabine gesehen habe.

Intrige gegen Jung?

Jetzt scheint für Jung klar, dass irgendjemand Dora hat verschwinden lassen – bloß wer und warum? Er macht sich an vorsichtige Ermittlungen, denn er befürchtet, dass der Plan hinter dem Ganzen ist, ihn als Doras Mörder an orientalische Behörden zu übergeben. Denn nur zu gerne würde die Familie diesen Schwiegersohn loswerden. Doch es steckt noch einiges mehr dahinter, wie er nach und nach herausfindet. Schließlich sind es die Jahre des Luxus, des Kokains, von großen Gewinnen und der Ringvereine, der Vereinigungen der Berliner Unterwelt.

Reise durch Raum und Zeit

Als Krimi sehr interessant, auch wenn die Spannungskurve dann etwas hätte angezogen werden können. Aber vor allem kann dieser historische Krimi mit einer fantastischen Atmosphäre punkten. Rademacher erzählt so hervorragend vom Leben auf der Champollion und von seinen Passagieren, mit so vielen und vielfältigen Details, dass man sich selbst an Bord wähnt. Man kann also so richtig eintauchen: den warmen Wüstenwind spüren, das Stampfen der Maschinen hören und das Vibrieren der Stahlhülle des Schiffes spüren – eine wunderbare imaginäre Reise durch Raum und Zeit gleichermaßen. Das ist Autor Rademacher wirklich ausgezeichnet gelungen und macht diesen Krimi zu einem echten Highlight!

Cay Rademacher. Die Passage nach Maskat. Köln, Dumont 2022.

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