Italien, Krimi

Donna Leon. Acqua alta – Commissario Brunetti 5 (1997)

Die amerikanische Archäologin Brett Lynch wird in ihrer Wohnung zusammengeschlagen. Die Polizei interessiert sich nicht besonders für den Fall, bis Commissario Guido Brunetti auf ihn aufmerksam wird. Als allerdings Museumsdirektor Semenzato ermordet wird, schreit Venedig auf. Hängen die beiden Fälle zusammen? Brunetti ist davon überzeugt.

Es ist die Zeit des Hochwassers in Venedig, die Einwohner der Stadt holen ihre Gummistiefel hervor und informieren sich gegenseitig, welche Gassen, Plätze und Brücken bereits überflutet sind. Ein spannender Blick auf den Alltag in der Touristenmetropole, denn die Arbeit muss natürlich weitergehen.

Sensibel gegenüber dem Opfer

Brunetti ermittelt auf seine bekannte Art, sensibel, mit einem starken Gerechtigkeitssinn und keinem Verständnis für Sonderrechte aufgrund von Vermögen oder Beziehungen. Als der Bericht über den „Zwischenfall“ in der Wohnung von Brett Lynch auf Brunettis Schreibtisch landet, weiß er, dass sich niemand ernsthaft um diesen Fall kümmern wird, wenn er es nicht tut. Er besucht die Archäologin im Krankenhaus und beginnt erst Fragen zu stellen, als es ihr etwas besser geht – wodurch er auch das Vertrauen von Lynchs Lebensgefährtin Flavia Petrelli gewinnt.

Opfer Nummer zwei

Vorerst hat Brunetti auch keinen offiziellen Auftrag zu Ermittlungen, sodass er wieder einmal vorsichtig und auf verschlungenen Wegen seine Fragen stellen (lassen) muss. Scheinbar spielen Kunstfälschungen eine Rolle in diesem Fall, so jedenfalls die Aussage der Archäologin Lynch. Gut, dass Brunetti einen alten Freund hat, der sich mit Kunst und Fälschungen auskennt und sich unauffällig in der Szene umhören kann. Als der Museumsdirektor Semenzato ermordet wird, den Lynch im Verdacht hat, in den Austausch der echten Fundstücke gegen Fälschungen verwickelt zu sein, bekommt der Fall allerdings eine neue Dimension.

Die ehrenwerte Gesellschaft in Venedig

Doch auch bei offiziellen Ermittlungen scheint es in Venedig ein wenig anders zuzugehen als anderswo. Die Reichen müssen mit Samthandschuhen angefasst werden, besonders wenn es Gerüchte gibt, dass sie mit der Mafia zu tun haben könnten – selbst wenn Indizien sie mit dem Mord bereits in Verbindung bringen. Brunetti ist sich allerdings so sicher, dass er sich alleine in die Höhle des Löwen begibt, eines begeisterten Kunstsammlers übrigens …

Brunetti ist Kult

Dieser fünfte Band der Serie um Commissario Brunetti ist inzwischen zwanzig Jahre alt und damit fast schon ein historisches Denkmal. Handys waren noch nicht sehr verbreitet bei der Polizei in Venedig, was heutigen Lesern sofort auffällt. Trotzdem ist auch dieser Band immer noch absolut lesenswert: ein spannender Fall – mit interessanten Aspekten übrigens, die es nicht in die Verfilmung geschafft haben – von einem höchst menschlichen und mutigen Commissario, der seinen Gerechtigkeitssinn nicht an die herrschenden „italienischen Verhältnisse“ angepasst hat. Das Hochwasser bietet darüber hinaus einen interessanten Einblick in den Alltag der Einwohner einer Stadt, die eigentlich nur als Touristenziel wahrgenommen wird.

Donna Leon. Acqua alta. Commissario Brunettis fünfter Fall. Zürich: Diogenes, 1997. | Original: Acqua alta. 1996. Übersetzung Monika Elwenspoek (Commissario Brunetti 5)

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