Italien, KrimiLiebe

Ilaria Tuti. Eiskalte Hölle – Teresa Battaglia 1 (2019)

In Travení, einem abgelegenen Bergdorf nahe an der Grenze zu Österreich, wird ein Toter gefunden. Ihm wurden mit bloßen Händen die Augen ausgerissen. Eine grausame Tat, die Commissario Teresa Battaglia und ihr Team aufklären sollen. Gegen den Widerstand der Dorfbewohner.

Es ist Dezember und Travení ist tief verschneit. Der Bau einer neuen Skipiste hat bereits Unruhe ins Dorf gebracht, einen Mord kann hier niemand gebrauchen. Und Dorfpolizist Knauss ist sowieso der Ansicht, dass keiner der Dorfbewohner der Täter sein kann, schließlich kennt er jeden einzelnen. So blockiert er die Arbeit der Ermittler „aus der Stadt“, die unter der Leitung von Commissario Teresa Battaglia stehen. Eine ungewöhnliche Kommissarin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, wie der neue Kollege Massimo Marini direkt an seinem ersten Tag zu spüren bekommt – und das ist auch noch ausgerechnet der Tag des Leichenfunds.

Genialer Commissario

Die bärbeißige Teresa ist bereits an die 60 und vermeidet als Figur hervorragend alle Klischees. Sie geht tough an die Ermittlungen heran, scheut sich nicht, klare Befehle zu geben, aber sie hat auch eine menschliche und mitfühlende Seite. Die versteckt sie allerdings in der Regel gut. Genauso wie ihre eigene schmerzliche Vergangenheit und die Gedächtnisprobleme, die ihr Angst machen. Wer länger mit ihr zusammenarbeitet, würde für sie durchs Feuer gehen, aber der Neue hat es erst einmal schwer. Schmeicheleien bewirken bei der Commissario das genaue Gegenteil, eigenständiges Denken dagegen schätzt sie. Selbst wenn es gegen sie geht.

Unheimliche Vorkommnisse

In Travení gibt es weitere unheimliche Ereignisse, ein gehäuteter Hase hängt auf einmal an einem Fenster, ein unheimlicher Mann stoppt jugendliche Raser und erschreckt sie zutiefst, eine Frau verschwindet und wird mit schrecklichen Verletzungen wiedergefunden. Ist es dieser Mann, den niemand genau beschreiben kann und der irgendwo in den Wäldern haust, der für alles verantwortlich ist? Doch wer ist er? Ein Dorfbewohner?

Österreich 1978

Die Lösung des Falles scheint mit Ereignissen in Österreich im Jahr 1978 zusammenzuhängen. In einer alten Schule ereignen sich nämlich höchst merkwürdige Dinge – die Autorin schafft es fantastisch, hier eine düstere und geheimnisvolle Atmosphäre zu schaffen, ohne wirklich etwas zu verraten. Was für Menschen sind in dieser „Schule“? Was passiert dort wirklich?

Die Kinder in Travení

Auch eine Gruppe von Kindern aus Travení bekommen diverse Szenen, alle vier haben unter Erwachsenen zu leiden und bieten sich gegenseitig Trost. Sie haben den unbekannten Mann schon öfter im Wald gesehen, fühlten sich auch von ihm beobachtet. Im Gespräch mit ihnen beweist Teresa ihr unerwartetes Einfühlungsvermögen. Und als schließlich ein Säugling aus seinem Wagen verschwindet, setzt sie alles daran, das Baby in den eisigen und tief verschneiten Bergen so schnell wie möglich zu finden. Commissario Battaglia ermittelt verbissen und schont sich nicht, sieht aber am Ende auch den Täter als ein Opfer an, als sie die Zusammenhänge begreift.

Atmosphärisch dicht mit Tiefgang

Zu Recht ist dieser Krimi – ursprünglich 2018 in Mailand erschienen – schon vielfach gelobt worden. Der Autorin Ilaria Tuti gelingt ein atmosphärisch sehr dichter Krimi, der sich nicht wie viele andere auf einen mehr oder weniger nüchternen Bericht der Abläufe beschränkt. Ihre Kommissarin ist ein höchst interessanter Charakter mit echtem Tiefgang, von dem man gerne mehr erfahren möchte. In diesen Krimi kann man richtig eintauchen und sich mitreißen lassen – ihn zwischendurch wegzulegen, ist definitiv schwierig.

Ilaria Tuti. Eiskalte Hölle. München: Penguin, 2019. | Fiori sopra l’inferno. Mailand: Longanesi, 2018. Aus dem Italienischen von Ingrid Ickler (Teresa Battaglia 1)

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