Deutschland, Krimi

Judith Merchant. Loreley singt nicht mehr – Rheinkrimis 2 (2012)

In Königswinter zieht an einem winterlichen Morgen ein Angler nicht nur Aale aus dem Rhein – sondern auch einen Toten. Der Tote entpuppt sich ausgerechnet als der Bruder des Nachbarn, der aber gar nicht in Königswinter wohnte. Kommissar Jan Seidel bekommt Arbeit. Und seine Oma Edith kann wieder Miss Marple nacheifern, wenn der Mord schon quasi vor ihrer Haustür passiert ist.

Kommissar Jan Seidel kommt an diesem frühen Morgen direkt von einem langen Abend mit seiner Ex-Verlobten Nicoletta zum Tatort. Nicoletta will unbedingt ein Baby, was Jan zutiefst verunsichert. Aber auch der Tote bietet einen bizarren Anblick, denn der Angler, Hannes, hat die Leiche mit einer großen Anzahl von Knick-Lichtern markiert, wie Angler sie verwenden. Hannes scheint auch irgendwie verstört zu sein, doch dann erkennt er den Toten doch noch. Es handelt sich um den Bruder, Gernot, des Nachbarn, doch zu tun hatten Hannes und Gernot nichts miteinander.

Hannes und Marla

Bei der Befragung im Haus von Hannes ist Seidel geschockt von der Unordnung und offensichtlichen Verwahrlosung und einem erschreckenden Krampfanfall von Hannes Frau Marla. Erst als Nachbarin Juli auftaucht und die Sache in die Hand nimmt, entspannt sich die Lage. Juli ist nicht nur Nachbarin und Freundin von Marla, sondern auch die Schwägerin des Toten. Bei ihr erlebt Seidel eine glückliche Bilderbuch-Familie, Juli sorgt aufopferungsvoll für eine glückliche Kindheit.

Mögliche Motive

Mehr oder weniger zufällig erfährt Seidel davon, dass Hannes zwei Jahre zuvor seinen kleinen Sohn Chris verloren hat. Bei Hochwasser ist er im Rhein ertrunken, wurde aber erst Wochen später gefunden. Seidel ist überzeugt, dass der Tod von Chris mit diesem Mord zu tun hat. Oder könnte es um Unregelmäßigkeiten im Job gehen? Der Tote war Chemiker bei einem Pharmaunternehmen und dort als rücksichtsloser Karrierist verschrien. Oder geht es um Eifersucht? Die Ehe mit Fanny war alles andere als glücklich.

Ganz unterhaltsam

Oma Edith bleibt mit ihren Ermittlungen à la Miss Marple leider sehr im Hintergrund und Kommissar Jan Seidel beschäftigt sich gedanklich viel zu oft mit Nicoletta und einem potenziellen gemeinsamen Baby. Doch ansonsten ist der Krimi ganz unterhaltsam, wenn auch nicht atemberaubend. Die Angststörung schien mir arg überzeichnet und dramatisiert, dafür fehlte es den Figuren ein wenig an charakterlicher Tiefe. Mir persönlich haben Prolog und Epilog am besten gefallen: Vater Rhein freut sich über Menschen in seinem Bett. Das hat was.

Judith Merchant. Loreley singt nicht mehr. München: Knaur, 2012. (Rheinkrimis 2)

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