Frankreich

Jules Besson. Die Toten von Carcassonne – Hausboot-Krimi 1 (2019)

Als Konrad Keller mit seinem Hausboot gerade in Carcassonne liegt, gerät er in einen Polizeieinsatz: Auf seinem Boot wird ein mutmaßlicher Mörder gestellt. Die Neugier des Ex-Polizisten ist geweckt. Für ihn passen Täter und Tat nicht zusammen. Und dann findet er auch noch eine Tasche des Täters, die beim Polizeieinsatz übersehen wurde. Grund genug, ein bisschen zu ermitteln. Zeit hat er ja genug.

Konrad Keller und seine Frau Helga hatten sich vorgenommen, nach seiner Pensionierung mit dem Hausboot durch Südfrankreich zu schippern. Doch dazu kam es nicht mehr, kurz nach Konrads Ausscheiden aus dem Polizeidienst wurde seine Frau schwer krank. Nach ihrem Tod sucht Konrad jetzt Trost, indem er die Pläne alleine umsetzt, und so ist er mit dem gemieteten Hausboot gerade in Carcassonne.

Wink des Schicksals?

Konrad genießt seinen Aufenthalt in dem Städtchen, französische Küche, Lebensart, Landschaft und Historisches. Dass er sich einsam und überflüssig fühlt, gibt er nicht mal vor sich selber gerne zu. Deshalb erscheint es ihm fasst wie ein Wink des Schicksals, als sich eines Abends bei einer wilden Verfolgungsjagd durch den Hafen Karim Abdelaziz auf sein Schiff flüchtet, die Polizei dicht auf seinen Fersen. Er sei es nicht gewesen, ruft er Konrad zu. Doch dessen altes Pflichtgefühl siegt und er hindert Karim an der weiteren Flucht. Die Polizei, angeführt von der hübschen und klugen Kommissarin Béatrice Bardot, nimmt ihn fest und sucht nach Beweisen.

Unschuldig?

Die Worte Karims lassen Konrad keine Ruhe: Hat er womöglich einen Unschuldigen an den Polizeiapparat ausgeliefert? Da er ja sowieso nichts anderes zu tun hat, forscht Konrad ein bisschen nach. Karim soll bei einem Einbruch im Haus des reichen (und sehr rechten) Politikers Richard La Croix dessen Frau und zwei Kinder erschossen haben. Das Bauchgefühl des Ex-Kommissars sagt etwas anderes, Karim scheint als Täter unwahrscheinlich. Als Konrad auf seinem Boot die Tasche Karims findet, schaut er sich den Inhalt natürlich erst einmal an, bevor er sie bei der Polizei abliefert. Eine Visitenkarte führt Konrad zu Gemüsehändler Djamal Mansouri und seiner Tochter Selena. Und zu ganz neuen Erkenntnissen und Überlegungen …

Trotzreaktion?

Kommissarin Béatrice Bardot ist von Konrads Ermittlungen nicht sehr begeistert, Zweifel an Karims Schuld kann sie gerade nicht gebrauchen. Und Einmischungen sowieso nicht. Tatsächlich ist Konrad nicht nur an der Schuldfrage, sondern auch an der Kommissarin interessiert. Auch Konrads drei Kinder rufen abwechselnd an, um ihren Vater zur Weiterfahrt zu drängen. Doch der möchte sich nicht bevormunden lassen, noch kommt er prima alleine zurecht. Fast trotzig ermittelt Konrad also weiter, in Karims Anwalt findet er einen Verbündeten, der ihn mal einen Blick in die Akten werfen lässt.

Unterhaltsam

Den Regionalkrimi aus Südfrankreich kann man trotz der Morde getrost in die Kategorie cozy crime rechnen. Zwar wird es zum Ende hin auch ein wenig dramatisch, aber nicht atemberaubend. Insgesamt ist der Krimi eher nett, berichtet ein wenig von Land und Leuten, gewährt einen Einblick in die Befindlichkeiten Konrads zwischen Abfinden mit dem Rentnerdasein und Aufbegehren dagegen, zum alten Eisen zu gehören. Mithilfe der Ermittlungen beweist Konrad, dass er vielleicht körperlich nicht mehr topfit ist, aber geistig auf der Höhe und als Kommissar sehr erfahren. Insofern ist der Krimi die ideale Unterhaltung für alle, die dem Renteneintritt mit Schrecken entgegensehen oder sich noch nicht damit arrangieren können.

Nett mit schönem Setting

Ich fand den Krimi auch sehr nett zu lesen, vor allem wegen des Settings im Languedoc, das gut zur Geltung kommt, ohne zu aufdringlich zu werden. Dass der ermittelnde Protagonist ein Rentner ist, ist mal eine schöne Abwechslung – aber das wird wohl noch zunehmen, schließlich werden auch immer mehr Leser immer älter. Für meinen Geschmack hätte der Krimi etwas mehr Spannung vertragen können und der Schreibstil noch einen Feinschliff – aber ich gehöre wohl auch noch nicht ganz zur Zielgruppe.

Jules Besson. Die Toten von Carcassonne. Monsieur Keller ermittelt. München: Piper, 2019. (Hausboot-Krimi 1)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar via NetGalleyDE.

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