KrimiLiebe, Portugal

Luis Sellano. Portugiesisches Erbe – Henrik Falkner 1 (2016)

Henrik Falkner, Ex-Polizist und Witwer, erbt von einem ihm unbekannten Onkel ein Antiquariat in Lissabon. Fasziniert von der Stimmung der Stadt sieht er in diesem Erbe einen möglichen Neuanfang. Doch noch bevor er sich entschieden hat, ob er bleiben soll, wird ein Mordanschlag auf ihn verübt. Was hat es mit diesem Erbe auf sich?

Henrik Falkner kommt zum ersten Mal in das hochsommerlich heiße Lissabon, sein Onkel Martin hat ihm ein Haus samt Antiquariat vererbt. Der Onkel war das schwarze Schaf der Familie, es gab keinen Kontakt, niemand redete über ihn – wieso soll jetzt Henrik sein Erbe antreten? Ein Impuls von Neugier hat Henrik nach Lissabon getrieben, den er bei seiner Ankunft schon wieder bereut. Seit dem Unfalltod seiner Frau vor zwei Jahren kämpft er mit Depressionen, vor Kurzem hat er deswegen auch seinen Beruf als Polizist an den Nagel gehängt und weiß noch nicht genau, wie es weitergehen soll.

Materielles Erbe

Doch schon die ersten Schritte in der Altstadt von Lissabon wecken in Henrik den Gedanken, dass er vielleicht hier neu anfangen könnte. Die Stimmung zwischen Weltschmerz und Lebensfreude entspricht ihm, die Stadt gefällt ihm, ein Haus hätte er ja schon… Dieses Haus allerdings entpuppt sich als ziemlich heruntergekommen, mitten in der Altstadt gelegen, mit etlichen Mietern, die sein Onkel mehr aus Mitleid aufgenommen zu haben scheint, denn Mieteinnahmen gibt es wohl nicht. Und das Antiquariat im Parterre ist ein einziges Chaos aus alten Büchern, Postkarten, Landkarten, ein paar Möbeln, Lampen und anderer Deko. Nur Mitarbeiterin Catia scheint sich hier zurechtzufinden.

Geheimnisse

Schnell stellt sich heraus, dass Martin Falkner mit dem Laden nicht wirklich Geld verdient hat. Doch womit sonst? Und wieso gibt es den Laden dann? Und warum ist Martin überhaupt nach Lissabon gekommen? Wieso wollte seine Familie nichts mehr mit ihm zu tun haben? Und woher wusste er dann von Henrik und wieso hat er ausgerechnet ihm das Haus vererbt? Der Brief, den Martin Henrik hinterlassen hat, ist voller Andeutungen, liefert aber keine echte Erklärung. Während Henrik noch versucht, etwas über seinen Onkel und dessen Leben in Lissabon herauszubekommen, versucht jemand ihn zu überfahren. Kann das wirklich Absicht gewesen sein? Doch es gibt auch das Gerücht, dass Martin umgebracht wurde. Und Henrik erhält ein verdächtig hohes Kaufangebot für das heruntergekommene Haus …

Dunkle Mächte

Bevor Henrik also wirklich in Lissabon angekommen ist, ist er schon in einen dramatischen Fall verwickelt, der ihn quer durch die Stadt treibt. In Martins Antiquariat scheinen Hinweise und Beweise für Verbrechen versteckt zu sein, die Martin dort vor geheimnisvollen Verfolgern verbergen musste. Ein alter Stadtplan führt Henrik zu einer verlassenen Villa, in der vor zwanzig Jahren grausame Verbrechen begangen wurden, die aber noch heute dunkle Mächte auf den Plan rufen, um eine Aufdeckung zu verhindern. Und das scheinen nicht nur die Besitzer der Villa zu sein, eine reiche und mächtige Industriellenfamilie. Henrik und auch Martins alte Freunde werden bedroht, verfolgt, verprügelt, Treffen müssen heimlich stattfinden, der Polizei darf man nicht trauen.

Hochspannung

Portugiesisches Erbe ist eine Mischung aus actionreichem Kriminalfall, genauen Beschreibungen von Lissabon und Einblicken in Henriks depressives Seelenleben. Lissabon-Fans können mittels der Straßennamen jeden Weg Henriks durch die Stadt genau verfolgen, Unkundigen hätten weniger Namen sicher gereicht. Kleine Erläuterungen zu besonderen Plätzen und ihrer Geschichte sind ganz nett eingeflochten, auf den Blick über den Tejo macht der Autor auch neugierig. Henriks Depression ist arg klischeehaft reduziert, die Frauen scheinen sich ihm nach James-Bond-Manier an den Hals zu werfen.

Henrik muss ziemlich viel einstecken, aber es gelingt ihm, mit ein wenig Hilfe zum Beispiel durch Polizistin Helena Gomes, den aktuellen Fall aufzuklären, er erfährt ein paar Dinge über das Leben seines Onkels – aber wirklich klarer wird dadurch nicht viel. Unbekannte Feinde und dunkle Mächte scheinen Lissabon im Griff zu haben, Verschwörungstheoretiker haben sicher ihre helle Freude an diesem Krimi. Doch trotz allem: die Figuren, der Schauplatz Lissabon und die actionreiche Handlung sorgen für eine spannende Lektüre.

Luis Sellano. Portugiesisches Erbe. Ein Lissabon-Krimi. München: Heyne, 2016. (Henrik Falkner 1)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Mehr zum Autor und zur Serie auf der Autorenseite Luis Sellano.

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