Unterhaltung, USA

Marian Keyes. Erdbeermond (2006)

Anna Walsh findet sich verletzt im Wohnzimmer ihrer Eltern wieder. Ihre Mutter pflegt sie, die Schwestern bedauern sie mehr oder weniger. Nach und nach wird Anna klar, wie sie verletzt wurde, und je besser es ihr geht, desto dringender wird der Wunsch, nach Hause zu fahren. Zuhause ist für sie nicht mehr das Dubliner Elternhaus, sondern ihr Appartement in New York. Das sie mit ihrem Mann Aidan geteilt hat, den sie unbedingt finden muss …

Der Leser ahnt es früh: Annas Mann ist bei dem Unfall ums Leben gekommen. Die junge Frau will es lange nicht wahrhaben, kann es nicht akzeptieren.

Versuche in Normalität

Anna stürzt sich in ihre Arbeit in einer PR-Agentur, versucht eine Normalität, die keine mehr ist. Ihr Arbeitseifer bringt ihr Lob und eine Beförderung ein, auch wenn er aus der Verzweiflung geboren ist. Familie und Freunde versuchen, für sie da zu sein, aber Anna meidet sie, besonders als die Freunde den Tod ihres Mannes ansprechen. Alles, was Anna sucht, ist irgendeinen Kontakt zu Aidan. Anfangs versucht sie ihn anzurufen, später versucht sie es durch ein Medium. Das funktioniert nicht, wird aber ziemlich realistisch und vor allem mit viel Humor geschildert.

Chick lit mit gelegentlichem Tiefgang

Der melancholische Humor zieht sich durch das ganze Buch und das gesamte Trauerjahr Annas, durch das der Leser sie bgleitet. Vieles erinnert dabei an die typischen, seichten modernen Frauenromane: das Setting im trendigen New York, der coole Job in der PR-Agentur, die schrägen Typen nebenan und der Arbeitsausflug in die Welt der Reichen auf Long Island. Aber dieser Roman geht darüber hinaus, bleibt nicht an der Oberfläche. Die Trauerarbeit Annas wird so realistisch dargestellt, dass die Leserin mitfühlt. Nur an wenigen Stellen droht die Geschichte, in kitschige Klischees abzurutschen.

Achtung: Spoiler

Leider ist das „Happy End“ eine dieser Stellen: Anna hat endlich akzeptiert, dass ihr Mann tot ist, sie hat ausgiebig auf verschiedenste Arten getrauert, gewütet, sich am Ende halbwegs arrangiert mit der Realität. Da endlich erscheint Aidan, redet ihr gut zu, das Leben gehe weiter, sie werde sich natürlich wieder verlieben, der Mann sei bereits in ihrem Leben – bevor er als Schmetterling davonflattert. Schade, dieser dann so kitschige Schluss verdirbt beinahe das ansonsten gute Buch. Allerdings weist der deutsche Titel und die rosa Aufmachung eigentlich auf jede Menge Kitsch hin …

Nicht ganz das übliche Muster

Wer die modernen Frauenromane liebt, aber mal eine Story lesen will, die nicht ganz dem üblichen Muster folgt – sie liebt ihn, er liebt eine andere, aber nach etlichen Wirrungen finden sie zusammen – der findet in diesem Roman eine unterhaltsam und einfühlsam erzählte Alternative! Auch wenn der Roman aus der Reihe um die Familie Walsh stammt, ist er auch alleine sehr gut lesbar. Nicht umsonst gilt Marian Keyes als Mitbegründerin der Chick lit.

Marian Keyes. Erdbeermond. München: Heyne, 2006. | Anybody Out There, 2006.

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