Deutschland, Historisch, KrimiLiebe

Nikola Hahn. Die Detektivin (1998)

Frankfurt gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die junge Viktoria Könitz ist eine Tochter aus gutem Hause, doch von den Konventionen der Zeit hält sie nicht viel. Sie interessiert sich für Kriminalistik und als Emilie, das Dienstmädchen ihrer Tante, verschwindet, stellt sie mutig Nachforschungen an. Schließlich kommt der zuständige Kommissar, Richard Biddling, aus Berlin und stellt sich nicht sehr geschickt an.

Viktoria Könitz ist Anfang 20, doch anders als Gleichaltrige denkt sie nicht nur an Kleidung, Handarbeiten und Heiratskandidaten. Sie liest heimlich die Bücher aus der Bibliothek ihres Onkels, eines Arztes, und besonders die Kriminalistik und entstehende neue Methoden haben es ihr angetan. Doch natürlich darf niemand in Viktorias Familie von ihren Interessen erfahren, ihre Eltern möchten sie möglichst bald verheiraten, wie es die Konventionen der Zeit erfordern.

Junges Mädchen aus gutem Hause

Zur Feier des „Wäldchestages“ fährt Viktoria mit ihrer Familie in den Wald, dort verbringen die Frankfurter einen frühsommerlichen Feiertag. Bei ihrer Rückkehr in die Stadt erfahren sie, dass Emilie, das Dienstmädchen von Viktorias Tante Sophia, verschwunden ist. Emilie hat für Sophia Könitz vor allem im „Glashaus“ gearbeitet, dem Gewächshaus mit Palmen und Zitrusfrüchten, der Sophias ganze Liebe gilt. In der letzten Zeit hatte Sophia nachts Stimmen aus dem Glashaus gehört – ihr Mann schreibt das den schwachen, weiblichen Nerven zu, doch Viktoria glaubt, dass tatsächlich jemand nachts im Glashaus war. Und könnte das nicht mit dem Verschwinden von Emilie zu tun haben? Viktoria stellt ein paar Nachforschungen an …

Kommissar mit eigener Agenda

Der zuständige Kommissar ist Richard Biddling, gerade aus Berlin in Frankfurt eingetroffen. Als preußischer Beamter legt er Wert auf Korrektheit und Regeln, doch er hat auch ein besonderes Interesse an dem alten Fall um den „Stadtwaldwürger“, der vor zehn Jahren ungelöst zu den Akten gelegt wurde. Damals war Eduard Könitz, Viktorias Cousin, der Hauptverdächtige, aber der damals ermittelnde Kommissar konnte keine endgültigen Beweise finden. Biddling ist entschlossen, diesen Fall jetzt aufzuklären. Und er ist überzeugt, dass Eduard auch bei Emilies Verschwinden die Finger im Spiel hat.

Ermittlungsarbeit

Unterstützung erhält Biddling von Heiner Braun, einem altgedienten Polizisten, der Frankfurt und seine Geschichten kennt wie seine Westentasche. Braun hat so seine eigenen Ermittlungsmethoden, wobei er durchaus in der Lage ist, selber zu denken und nicht nur vor dem Vorgesetzten zu buckeln. Damit hat er sich bereits sehr unbeliebt gemacht, doch nach einer Weile beginnt Biddling seinen Untergebenen sehr zu schätzen. Dass er allerdings mit „Vigilanten“, also Informanten, zusammenarbeitet, kann Biddling nicht gutheißen, dabei kann Hannes wichtige Informationen zum Fall des verschwundenen Dienstmädchens beitragen. Mit den neuen „Fingerbildern“ allerdings kann Heiner Braun überhaupt nichts anfangen, während Biddling die Vorteile zum Überführen von Tätern durchaus einleuchten.

Spannender Fall vor historischem Hintergrund

Der Fall des verschwundenen Dienstmädchens bzw. der vor zehn Jahren ermordeten jungen Frauen entwickelt sich sehr spannend. Seinen besonderen Reiz bezieht dieser Krimi aber vor allem aus seinem historischen Ambiente, das sehr authentisch wirkt und eine interessante Perspektive auf die Ermittlungsarbeit bietet. Fingerabdrücke sind noch Zukunftsmusik, natürlich keine Spur von Computer oder Telefon, die heute so unverzichtbar sind … Neben dem Kriminalfall erhält man also auch gute Einblicke in alltägliche Ereignisse am Ende des 19. Jahrhunderts und in ein paar Geschichten des alten Frankfurts.

Nikola Hahn. 1998. Die Detektivin. Ein historischer Kriminalroman. Paperback: Berlin: Ullstein, 2010.

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