Spannung von Unni Lindell, eine von Norwegens erfolgreichsten Autorinnen des Genres.
Marian Dahle, Kommissarin der Polizei Oslo, versucht nach einem Brandunglück den Weg zurück in den Beruf zu finden. Ihr Chef will sie zunächst bei den Cold Cases einsetzen und sie soll einen alten Vermisstenfall neu aufrollen. Die fünfjährige Thona verschwand vor 15 Jahren aus einer Kleingartenanlage, in der ihre Mutter sie für kurze Zeit mit einer Freundin alleingelassen hatte. Diese Freundin und deren Oma, bei der das Mädchen aufwuchs, hatten nichts gesehen und gehört. Zwar war der Sohn bzw. Vater des Kindes kurzzeitig unter Verdacht, weil er zuvor schon häufig mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, aber ihm konnte nichts nachgewiesen werden. Thona wurde nie gefunden.
Cold Case mit Problemen
Mit wechselnder Energie widmet sich Marian Dahle diesem Auftrag. Ehrgeiz und Rückschläge in die Krankheit wechselns sich ab, manchmal bietet einzig der Alkohol Trost. Immerhin kann Dahle sehr selbstständig arbeiten, das kommt ihr entgegen. Zur Mutter des verschwundenen Kindes baut sie fast wider Willen eine recht enge Beziehung auf. Doch so richtig gehen ihre Nachforschungen nicht voran, nachdem alle 15 Jahre lang das Geschehen verdrängt haben. Und gleichzeitig nagt auch der Neid an ihr, denn ihr Chef ermittelt in einem aktuellen Mordfall und sucht einen verschwundenen Jugendlichen.
Aktuelle Mordserie
An den Mordfällen dürfen wir Leserinnen hautnah teilhaben – nicht unbedingt wünschenswert, wie ich finde. Allerdings dauert es doch eine ganze Weile, bis die Identität der Mörder gelüftet wird, trotz der vorherigen ausführlichen Szenen. Als Thonas Mutter in der Psychiatrischen Tagesklinik, in der sie arbeitet, eine Namensliste findet, auf der auch der Ermordete und der Verschwundene stehen, verknüpfen sich die beiden Fälle und die Spannung steigt.
Psychische Probleme
Den Großteil der Spannung bezieht der erste Teil allerdings aus dem Verhalten Dahles, ihrem Kampf mit dem Alltag und dem Umstand, dass scheinbar jemand in ihre Wohnung eingedrungen ist. Oder ist es doch nur Einbildung? Zunächst ist sich Dahle da gar nicht sicher …
Interessante Lektüre
In ihrer Heimat Norwegen ist Autorin Unni Lindell eine erfolgreiche Krimi-Autorin. Den deutschen Geschmack scheint sie nicht so ganz zu treffen. Das ganze Geschehen zieht sich doch arg in die Länge, hü und hott, manchmal wünscht man sich, dass alles etwas gestrafft worden wäre, was dem Spannungsbogen auch gut getan hätte. Die „Mordszenen“ waren mir zu grausam, aber das ist natürlich Geschmacksache. Wenn man sich darauf einlassen kann, dass die Protagonistin noch recht wacklig auf ihren mentalen Füßen steht und dieses das Tempo der Handlung bestimmt, dann bietet dieser Krimi eine interessante Lektüre.
Unni Lindell. Ich weiß, wann du stirbst. Berlin, Aufbau Taschenbuch 2018. | Jeg vet hvor du bor. Oslo, Aschehoug 2016. (Marian Dahle 1)
Übersetzung Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann
