Deutschland, Krimi

Nadja Quint. Halbe Miete – Lilo Gondorf 1 (2015)

Lilo Gondorf, Ende 50, vermietet hauptberuflich Ferienhäuser auf Rügen. Als einer ihrer Gäste verschwindet, ermittelt Lilos Tochter Verena und auch Lilos Spürsinn wird wieder geweckt. Schließlich war sie auch ein Jahr lang Kommissarin. Bei ihren Ermittlungen kommt Lilo zugute, dass die Ehefrau des Vermissten sie ins Vertrauen zieht …

Vor fünfzehn Jahren kam die frisch verwitwete Lilo Gondorf mit ihrer Tochter aus Bielefeld nach Rügen, um Ruhe zu finden und ihren Lebensunterhalt mit der Vermietung der beiden Ferienhäuser zu bestreiten. Nach ihrer Ausbildung war Lilo ein Jahr lang bei der Polizei, bevor sie sich ganz ihrer Familie widmete. Auf dieses Jahr berufen sich Lilo und die Geschichte allerdings wie auf eine Jahrzehnte währende Prägung.

Zum Fall

Das Verbrechen betrifft einen Feriengast von Lilo, Werner Koch, der am zweiten Tag seines Urlaubs bei einer Wanderung scheinbar entführt wird. Seine Frau Elisabeth, die ihn begleitete, ist blind und kann deshalb nur ungewöhnliche Angaben machen, denen zunächst niemand recht traut. Vielleicht wollte sie ihren Mann ja loswerden? Oder ist er entführt worden aus Rache, weil er vor Jahrzehnten als Notar den Verkauf von Schrottimmobilien beurkundete?

Der Verdacht verstärkt sich, als ein weiterer Beteiligter am früheren Immobilien-Betrug vor seiner Berliner Haustür ermordet wird.

Zur Aufklärung

Lilos Tochter Verena wird zur Aufklärung des Falles nach Rügen geschickt – die Informationen, die sie ihrer Mutter weitergibt, sind allerdings sehr willkürlich gewählt. Mal zieht sie sie ins Vertrauen, mal schweigt sie konsequent. Dialoge zwischen Mutter und Tochter sind mehr als hölzern.

Zuerst macht Lilo nur zufällige Beobachtungen, die allerdings ihre Neugierde wecken, sodass sie zwischen Dauer-Putzen und Unkrautjäten anfängt zu grübeln. Als Witwe Elisabeth sie dann bittet, nach Berlin zu kommen, um zu einer Versammlung der Geschädigten von Schrottimmobilien zu gehen, macht Lilo sich gerne auf den Weg. Allerdings ohne unmittelbare Erkenntnisse. Sie fährt sogar noch ein zweites Mal nach Berlin, um mit Elisabeth die Bekannte zu besuchen, deren Mann gerade erst ermordet wurde.

Doch auf die richtige Spur kommt Lilo erst, als sie gemeinsam mit Nachbar und Freund Oscar einen kleinen Ausflug macht …

Zur Handlung

Der Fall beginnt zwar noch halbwegs manierlich, wird dann aber immer merkwürdiger. Und die Auflösung kommt schließlich aus einer ganz unerwarteten Richtung, auf die es vorher keinerlei Hinweise gab.

Als Ermittlerin gibt Lilo keine besonders gute Figur ab, auch wenn sie am Ende einen Gedankenblitz hat, wie die Täter zu überführen seien. Eigentlich lebt sie völlig für ihre Ferienhäuser, fürs Putzen, ihren Garten und den Square Dance jeden Donnerstag im Pfarrhaus. Ein wenig Neugierde treibt sie an, aber erst die Einladung von Elisabeth nach Berlin setzt so etwas wie eine Ermittlung in Gang, die dann aber wochenlang vor sich hindümpelt.

Zu den Personen

Einen echten Charakter scheinen die Personen in Halbe Miete nicht zu haben, sie bleiben flach und ihre Handlungen scheinen oft recht unmotiviert. Lilo ist quasi dauernd beim Putzen, für sie sind nur wenige andere Tätigkeiten vorgesehen. Ihr geheimes Laster sind ein gelegentliches Glas Rotwein und ein Zigarillo, ihre Schwäche ist eine Schwärmerei für den verheirateten Pastor – seit fünfzehn Jahren. Versatzstücke, die irgendwie kein schlüssiges Bild ergeben. Und ganz ähnlich ergeht es auch den anderen Figuren in diesem Roman.

Zur Idee

Die schöne Aufmachung des Buches kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass die an sich nicht schlechten Ideen nicht besonders gut umgesetzt sind. Die Auflösung für den Fall kommt aus einer zu unerwarteten Richtung, die Figuren bleiben recht leblos, vieles passt einfach nicht zusammen oder wird nicht wirklich gut erzählt. Und Lilos dauernde Putzerei nervt irgendwann nur noch.

Ermittlerfigur verdient zweite Chance

Vielleicht bin ich jetzt etwas zu streng mit diesem Regionalkrimi, weil Cover und Klappentext zu hohe Erwartungen bei mir geweckt haben. Halbe Miete ist ganz gut zu lesen und man kann sich schon mal einen Urlaubstag mit ihm vertreiben. Rügen gibt natürlich eine gute Kulisse ab. Mir gefällt auch die Idee mit einer ermittelnden Vermieterin fortgeschritteneren Alters. Deshalb werde ich vermutlich auch dem zweiten Teil, der sicher nicht lange auf sich warten lassen wird, noch mal eine Chance geben.

Nadja Quint. 2015. Halbe Miete. Ein Fall für Lilo Gondorf. München: btb Verlag, 2015. (Lilo Gondorf 1)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Mehr zur Autorin auf der Autorenseite Nadja Quint.

2 Gedanken zu „Nadja Quint. Halbe Miete – Lilo Gondorf 1 (2015)“

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