Literatur, USA

Curtis Sittenfeld. Vermählung (2017)

Jane Austens Pride and Prejudice im Jahr 2013 in Cincinnati – Curtis Sittenfeld übersetzt die Geschichte um Elizabeth Bennet und Fitzwilliam Darcy in die heutige Zeit. Das Projekt wurde ihr übrigens von Random House vorgeschlagen, bei keinem anderen Klassiker hätte sie diese Herausforderung angenommen, sagte Sittenfeld im Interview.

Das Schreiben dieses Romans habe ihr auch einfach Spaß gemacht, so Sittenfeld, und das merkt man auch beim Lesen. Da wird erzählt und fabuliert, da geht es nicht immer bierernst und schon gar nicht politisch korrekt zu, vieles ist auch übertrieben oder klischeehaft, anderes unerwartet, gar überraschend …

Fünf Töchter – und keine verheiratet

Keine der fünf Töchter der Bennets, zwischen 23 und 39 Jahre alt, ist verheiratet, sehr zum Kummer von Mrs. Bennet. Und da gerade alle fünf wieder unter ihrem Dach sind, muss sie dagegen etwas unternehmen. Jane, die Älteste, ist 39, Yoga-Lehrerin in New York, und möchte unbedingt ein Kind bekommen, auch wenn es dazu keinen Vater gibt. Auch Liz, 38, lebt in New York. Sie arbeitet als Journalistin und liebt seit Jahren einen verheirateten Mann. Die drei jüngeren Töchter leben noch zu Hause, keine hat einen Beruf oder einen Job: Mary ist 30 und der grummelnde Sonderling der Familie. Sie macht gerade ihren dritten Online-Master-Abschluss. Kitty, 26, und Lydia, 23, leben vor allem für ihr CrossFit-Training.

Finanzielle Probleme

Vater Fred hat gerade eine Bypass-Operation hinter sich, deshalb sind auch die beiden älteren Bennet-Töchter nach Hause geeilt, doch langsam erholt er sich wieder  – und kann herrlich sarkastische Bemerkungen fallen lassen. Allerdings stellt sich heraus, dass er die horrende Arztrechnung gar nicht bezahlen kann, schon längst sind die ererbten finanziellen Mittel der Familie aufgebraucht. Liz ist die Praktische in der Familie und nimmt die Sache in die Hand: die Villa muss verkauft werden, nicht ohne Hindernisse, eine neue Wohnung für die Eltern gefunden werden, die Schwestern in die Selbstständigkeit geschubst werden. Beliebt macht sich Liz damit nicht in der Familie.

Liebesgeschichten

Die schöne, ewig freundliche und ausgeglichene Jane ist ihrer Schwester keine Hilfe. Sie hat sich gerade in Chip Bingley verliebt und versetzt damit ihre Mutter in den siebten Himmel. Schließlich ist Chip Arzt und stammt aus einer schwerreichen Familie. Zwar hat er vor ein paar Jahren bei einer Bachelor-Show namens „Vermählung“ mitgemacht, doch in Erinnerung geblieben ist bei jedermann nur, dass Chip in der finalen Show geheult habe. Liz freut sich natürlich für ihre Schwester, doch leider hat Chip immer seinen Freund Fitzwilliam Darcy im Schlepptau. Der ist ebenfalls Arzt, noch erfolgreicher, noch reicher, noch besser aussehend, aber leider auch total arrogant und immer absolut ernsthaft. Und trotzdem hat er irgendetwas, das Liz anzieht…

Verwicklungen, Versöhnungen

Wie die Geschichte weitergeht ist bekannt: Chip trennt sich von Jane – hier, weil sie schwanger ist (Samenspende) – doch am Ende kommen sie wieder zusammen. Darcy weiß mehr über Liz‘ verheirateten Freund, als dieser ihr je gestanden hat. Nach dem üblichen Hin und Her trennt sie sich von diesem Freund. Mit Darca liefert sich Liz zwar einen verbalen Schlagabtausch, beide können aber der gegenseitigen Anziehungskraft nicht widerstehen (und haben „Hass-Sex“), bis Darcy Liz eine Liebeserklärung macht, die sie völlig in den falschen Hals bekommt. Ein Brief von Darcy soll es richten, aber bis die beiden am Ende den Hafen der Ehe ansteuern, passiert noch einiges.

Happy Endings

Als Chip und Jane sich wieder versöhnen, ist Chip gerade mal wieder ein Kandidat bei „Vermählung“ und deshalb muss die Hochzeit mit Jane als Reality-TV-Show gefilmt werden… Dieser Schluss ist schon kurios, aber allemal besser als ein lahmes „and they lived happily ever after“. Vorher hatte schon Lydia geheiratet, den transsexuellen Ham, Kitty kommt mit dem farbigen Makler Shane zusammen, Mama Bennet hat daran schwer zu knabbern. Hier hat Sittenfeld auch etliche Klischees und aktuelle Moden eingearbeitet, sodass sich insgesamt ein buntes Bild vom Leben der Bennets ergibt. Darin geht die Liebesgeschichte zwischen Liz und Darcy zwar noch nicht unter, doch sie steht nicht unangefochten im Mittelpunkt. Schließlich definiert sich frau heute nicht mehr über den Mann an ihrer Seite. Ein Roman wie ein buntes Kaleidoskop der Lebens, nett zu lesen, unterhaltsam, amüsant – aber insgesamt doch eher flach für eine Autorin, an die man inzwischen höhere Ansprüche stellt.

Curtis Sittenfeld wurde 1975 in Cincinnati geboren und arbeitete zunächst als Journalistin. 2005 veröffentlichte sie ihren ersten Roman Prep (dt. Eine Klasse für sich).

Curtis Sittenfeld. Vermählung. Hamburg: Harper Collins Germany, 2017. | Eligible. New York: Random House, 2016.

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

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