Krimi, Schweden

Helene Tursten. Sandgrab – Embla Nyström 2 (2019)

Kurz vor dem Lucia-Tag verschwindet die kleine Amelie Holm spurlos auf dem kurzen Weg zwischen Schule und Zuhause. Im neuen Jahr verschwindet ein zweites Kind. Geht ein Pädophiler um? Aber es wird auch noch die Leiche eines Polizisten gefunden und die eines Drogenbosses. Kann es einen Zusammenhang geben?

Gleich vorab: Dafür, dass das Buch im Untertitel ein Thriller genannt wird, ist die Story reichlich lahm erzählt. Dabei ist der Auftakt noch vielversprechend, wenn der Leser der neunjährigen Amelie folgt, die von der Schule schnell nach Hause möchte, um ihr Lucia-Gewand zu holen. Danach allerdings liest sich dieser Krimi häufig hölzern wie ein Polizeibericht.

Embla Nyström

Als mit dem sechsjährigen Viggo Andersson ein zweites Kind verschwindet, wird das Polizeiaufgebot verstärkt. Neben allen bisherigen Ermittlern wird eine alte Sondereinheit wieder zusammengerufen, der auch die junge Embla Nyström angehört. Die erfolgreiche Boxerin ist nach dramtischen Ereignissen im Zusammenhang mit ihrem letzten Fall (Band 1?) angeschlagen, wird das Boxen wohl aufgeben müssen. Wegen des Verschwindens einer Freundin vor vielen Jahren hat sie Alpträume – aber sie funktioniert. Und genießt den Sex mit dem Anwalt eines Verdächtigen …

Rache

Viggo verschwand aus dem elterlichen Garten, wo er für kurze Zeit alleine im Dunkeln war. Niemand hat etwas gehört oder gesehen, genau wie beim Verschwinden von Amelie gibt es keine Spuren. Sie war im Auto bei Kristoffer mitgefahren, ein leicht autistischer Jugendlicher mit Technikbegabung. Schnell haben sich im Internet Trolle auf ihn als Schuldigen festgelegt und überziehen ihn mit Hass und Rachefantasien, obwohl er ein Alibi hat. Dass kurz drauf Kristoffers Werkstatt abbrennt und er zusammengeschlagen wird, wundert daher kaum jemanden. Als Verdächtige scheinen die Väter von Amelie und Viggo allererste Wahl. Doch wie passt hier der tote Polizist hinein? Und wer hat nun eigentlich die Kinder entführt? Oder wurden sie gar nicht entführt?

Großaufgebot

Zwei verschwundene Kinder, ein ermordeter Polizist, ein toter Drogenboss, eine Brandstiftung, ein versuchter Totschlag – den Tod von Kristoffers Vater nicht mal mit eingerechnet. Welche Polizisten wann wo was ermitteln und wofür zuständig sind, ist extrem unübersichtlich, bis endlich Embla auftaucht und für den Rest des Krimis die Protagonistin bleibt. Auf jeden Fall ist ein Großaufgebot an Polizisten, Hundestaffeln, Militärs im Einsatz, bis der Fall oder die Fälle endlich geklärt sind.

Sachlich

Viele Tatorte, viele Personen – Spannung bezieht dieser Krimi aber nur aus dem Puzzle, man rätselt als Leser mit, wie das alles wohl zusammenhängen mag. Von einem Thriller hätte ich allerdings anderes erwartet, auch der sehr sachliche Stil verhindert ein echtes Mitfiebern. Aber mit wem sollte man auch mitfiebern? Sollte jemand gerettet werden? Danach sieht es eigentlich nirgendwo aus. Die meisten Figuren bleiben extrem blass, Motive oder Gefühle sieht man als Leser kaum.

Polizeiberichtsrätsel

Auch wenn die schwedische Autorin Helene Tursten mit ihrer Irene-Huss-Reihe Erfolge feiern konnte, hat mich dieser Band nicht wirklich überzeugt. Besonders am Anfang fehlte mir ein roter Faden, es fehlten die Emotionen, die zum Beispiel mit dem Verlust eines Kindes einhergehen, Viggos Mutter Pernilla ist ein absolutes Klischee. Mit ein bisschen Psychologie und Einfühlungsvermögen hätte das ein richtig guter Krimi sein können. So war es immerhin noch ein leidlich spannendes Rätselraten.

Helene Tursten. Sandgrab. München: btb Verlag, 2019.| Original: Sandgrav. Stockholm: Massolit Förlag, 2016. (Embla Nyström 2)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Mehr zur Autorin auf der Autorenseite Helene Tursten.

2 Gedanken zu „Helene Tursten. Sandgrab – Embla Nyström 2 (2019)“

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