Italien, KrimiLiebe

Lenz Koppelstätter. Bei den Tannen – Grauner 7 (2022)

Im Sarntal in der Nähe von Bozen stirbt eine bekannte und gefürchtete Gastro-Kritikerin nach dem Genuss der Vorspeise. War es Mord? Commissario Grauner bekommt es mit der feinen Gastronomie zu tun und uraltem Aberglauben.

Dass die Tote vergiftet wurde, steht natürlich schnell fest. Doch im edlen Restaurant Tan waren zu dem Zeitpunkt nur die Köchin und ein Kellner anwesend und keiner von beiden scheint wirklich ein Motiv für einen Mord zu haben. Den Leuten im Dorf ist allerdings klar, dass es die Köchin Hedwig Jöchler gewesen sein muss. Denn seit dem Mittelalter, als eine Vorfahrin als Hexe denunziert und verbrannt wurde, sind es immer „die Jöchlerinnen“, die an allem schuld sind. Dieser Aberglaube sitzt immer noch tief in den Dorfbewohnern, die drei Jöchler-Schwestern leben am Rand des Dorfes und stets angefeindet.

Mordmotiv Restaurant

Commissario Grauner ist keiner, der sich von solchem Aberglauben beeinflussen lässt, er steht mit beiden Beinen fest in der Realität. Aber auch er muss feststellen, dass sich die Köchin merkwürdig verhält und sich seinen Befragungen geschickt entzieht. Dabei hält es auch Staatsanwalt Belli für gar nicht abwegig, dass die Kritikerin gekommen war, um das Restaurant zu überprüfen und ihm dann ihre Gunst zu entziehen, was das Aus bedeutet hätte. Das Verfahren wandte die Gastro-Königin wohl gerne an, nur gibt es in diesem Fall keinerlei Hinweise darauf.

Alte Feindschaften

Allerdings scheinen sich Spuren im Sarntal zu finden, in alten Höhlen, die bewohnt scheinen und sonderbare Zeichen an der Wand tragen, in einem geheimen Kräutergarten, den eine der Jöchler-Schwestern dort pflegen soll, oder auch in der Feindschaft mit den Dorfbewohnern? Es war ein Vorfahr des Bauern Steiner, der im Mittelalter „die Hexe“ verraten hatte. Grauners Assistentin findet im Landesarchiv einen Spezialisten zu den Hexenprozessen, der tatsächlich noch alte Akten zu dem Fall aufgetrieben hat. Sollte hier etwa eine uralte Feindschaft wieder aufgebrochen sein? Als das Restaurant Tan in Flammen aufgeht, bekommt Grauner noch mehr zu rätseln.

Sehr gekonnt und spannend

Für mich der „erste Koppelstätter“, aber bestimmt nicht der letzte! Der Fall ist sehr gekonnt erzählt, der Autor spielt mit den Hexen-Gerüchten über die Jöchler-Frauen und schafft stellenweise eine sehr mysteriöse Atmosphäre, auch sprachlich sehr gut umgesetzt und nicht bloß oberflächlich. Dabei ist der Commissario eine gelungene Ermittler- und auch Vermittlerfigur, zwischen akademisch gebildetem Verstand und Bodenhaftung, Einfühlungsvermögen und Respekt für seine Mitmenschen und ihre Eigenheiten, Vermittler zwischen der Moderne in der Stadt und dem teilweise noch archaischen Leben in einem abgelegenen Tal. Diesen Balanceakt beschreibt Lenz Koppelstätter in diesem Krimi hervorragend, und sehr spannend liest sich das Ganze auch noch!

Lenz Koppelstätter. Bei den Tannen. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2022. (Commissario Grauner 7)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar via NetGalleyDE!

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