Frankreich, Krimi

Philippe Georget. Frühling lässt sein schwarzes Band – Gilles Sebag 4 (2023)

Ein Mord während Perpignangs größtem Touristenmagneten – ein Terrorakt oder etwas Persönliches? Lieutnant Sebag ermittelt.

In der traditionellen Sanch, der Karfreitagsprozession in Perpignan, ziehen Hunderte Büßer durch die Innenstadt.  Auch Lieutnant Gilles Sebag ist zum Terrorschutz abkommandiert und begleitet mit seinem Kollegen Molina den Zug. Bis sie die Order bekommen, den Überfall auf ein Juweliergeschäft aufzunehmen, der gerade passiert ist. Zwei Männer haben den Juwelier bedroht und Rohdiamanten und andere edle Steine mitgenommen, die gerade erst geliefert worden waren. Methodisch beginnen Sebag und Molina mit der Aufnahme der Tat, der Juwelier ist leicht verletzt, kann aber Auskunft geben.

Ein toter Büßer

Weit kommt Sebag allerdings nicht, bevor ihn ein neuer Anruf seines Chefs zurückbeordert zur Sanch: Nach einer kurzen Panik unter Teilnehmenden und Gästen liegt einer der Büßer tot am Boden, erstochen. Hinweise auf den Mörder gibt es keine, zu unübersichtlich war die Lage. Auch die allgegenwärtigen Kameras haben weder die Tat noch einen Flüchtenden erfasst, obwohl Sebag im Sinne einer gründlichen Ermittlung viel Zeit darauf verwendet, alles zu sichten.

Vorurteile und Hinweise

Der Tote ist Christian Aguilar, ein älterer Klavierlehrer, der eher zurückgezogen lebte und weder Familie noch enge Freunde zu haben schien. Erste spontane Idee Sebags zur Tat: Der Tote könnte ein Pädophiler gewesen sein und ein ehemaliges Opfer hat sich jetzt gerächt. Aber Vorurteile sind kein guter Ermittlungsansatz, umso gewissenhafter prüfen die Ermittler mögliche Spuren. Bei der Befragung von Aquilars Klavierschülern bekommen sie ein paar vage Hinweise, dass ihr Vorurteil vielleicht doch keines ist, aber Beweise gibt es nicht.

Mit psychologischem Gespür

Und vielleicht hat der Anschlag ja gar nicht dem Einzelnen gegolten, sondern der Sanch? Kritik an der Tradition gibt es immer wieder, aber der Vorstand streitet diese Möglichkeit vehement ab. Lieutnant Sebag scheut auch die langweiligeren Aspekte seiner Arbeit nicht, aber wirkliche Fortschritte machen die Ermittler erst, als Sebag ein paar Zusammenhänge aufdeckt und in einem Safe eine spannende Entdeckung macht. Dazu kommt dann noch sein psychologisches Gespür, wie er an Antworten auf wichtige Fragen erhalten kann.

Spannend auf seine eigene Art

Dieser psychologische Aspekt hat mir an diesem Krimi am besten gefallen: Wie kann man ein paar auf Krawall gebürstete Aussteiger zu einer Aussage bewegen? Was tut sich im Gesicht eines Verdächtigen, wenn er lügt? Sebag beobachtet das sehr genau und der Autor lässt uns an diesen Erkenntnissen teilhaben. Das führt zu einem eher ruhigen Erzählfluss, der völlig ohne Action-Momente auskommt, und einer „ruhigen Spannung“, die aber trotzdem fesselt.

Philippe Georget. Frühling lässt sein schwarzes Band. Berlin: Ullstein, 2023. | Une ritournelle ne fait pas le printemps. Paris: Éditions SIGAL, 2019. Übersetzung Barbara Ostrop (Gilles Sebag 4)

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

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